Geschlecht und Persönlichkeit beeinflussen Orientierungsvermögen

Männliche Echsen lernen besser, sich in ihrer Umgebung zu orientieren – besonders gut darin sind, auch bei den Weibchen, die mutigsten und vorsichtigsten Charaktere
Sydney (Australien) - Männer sollen ja tendenziell ein besseres Orientierungsvermögen besitzen als Frauen. Zumindest auf manche Glattechsen trifft das in der Tat absolut zu, haben australische Biologen bei den Reptilien beobachtet: Die Männchen legen bei Verhaltensversuchen zu räumlicher Orientierung ein deutlich besseres Lernvermögen an den Tag als die Weibchen. Dies ist der erste Beweis für Geschlechtsunterschiede beim Lernen bei einer Reptilienart, berichten die Forscher im Fachblatt „Proceedings of the Royal Society B: Biological Sciences“. Sie nehmen an, dass Männchen für ihre Lebensweise mehr auf eine gute Orientierung angewiesen und damit anderen Selektionsdrücken ausgesetzt sind als die Weibchen. Darüber hinaus zeigte sich: Auch diejenigen Echsen - männliche wie weibliche - mit besonders verwegenem oder besonders vorsichtigem Charakter schneiden deutlich besser ab als Artgenossen mit einer weniger deutlich ausgeprägten Persönlichkeit.

„Die Ergebnisse waren schon ein bisschen überraschend“, erläutert Martin Whiting von der Macquarie University in Sydney. Die Biologen hatten mit Echsen der in Australien weit verbreiteten Art Eulamprus quoyii eine Reihe von Verhaltensversuchen durchgeführt. Zum einen testeten sie bei den Reptilien aus der Familie der Skinke beziehungsweise Glattechsen, wie risikofreudig – also wie mutig oder zurückhaltend – sie in einer neuen oder gefährlichen Situation waren. Zum anderen prüften sie, wie schnell die Tiere lernten, sich in ihrer Umgebung zu orientieren.

„Erstens waren die männlichen Echsen besser beim räumlichen Lernen als weibliche – wahrscheinlich weil sie mehr Zeit damit verbringen, sich bei der Suche nach Weibchen durch die Landschaft zu bewegen“, erläutert Whiting die Ergebnisse. Zweitens seien die besten Lerner die zurückhaltenden und die mutigen Individuen gewesen, während die dazwischen liegenden Charaktere am schlechtesten abschnitten. Dies sei der erste Beleg dafür, schreiben die Biologen, dass Verhaltensmerkmale wie Tapferkeit oder Zurückhaltung bei Reptilien mit dem Lernvermögen zusammenhängen.

Ein gutes Orientierungsvermögen und damit einhergehend die Fähigkeit, räumliche Gegebenheiten gut erlernen zu können, könnte nach Ansicht von Whiting und seinen Kollegen mit bestimmten Überlebensstrategien verbunden sein, die wiederum mit bestimmten Charakterzügen zusammenhängen. So verteidigen manche Echsenmännchen ihr Revier, was Mut erfordert. Andere dagegen legen statt offensiver eher schleichende Strategien an den Tag, was mit einer gewissen Zurückhaltung einhergeht. Bei beiden Vorgehensweisen profitieren die Tiere aber von gutem Orientierungsvermögen. Ob diese Hypothese stimmt, wollen die Biologen in weiteren Arbeiten herausfinden.

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