Genetisch veränderte Darmbakterien gegen Verstopfung

Mit einem Zusatz-Gen ausgestattete Bacteroides-Bakterien produzieren im Darm eine serotoninähnliche Substanz, die die Darmentleerung beschleunigt
Darmbakterien beeinflussen, wie schnell der Darminhalt weitertransportiert wird.
Darmbakterien beeinflussen, wie schnell der Darminhalt weitertransportiert wird.
© OpenClipart-Vectors / pixabay.com, CC0 1.0 Universell (CC0 1.0), https://creativecommons.org/publicdomain/zero/1.0/deed.de
Rochester (USA) - Die Bakterien der Darmflora setzen zahlreiche Substanzen frei, die die Funktion des Darms und anderer Organe des Körpers beeinflussen. So produzieren einige Darmbakterien von Menschen und Mäusen Tryptamin, welches stimulierend auf den Transport des Darminhalts wirkt, berichten amerikanische Mediziner im Fachblatt „Cell Host & Microbe“. Das aus der Aminosäure Tryptophan gebildete Tryptamin aktiviert ein Protein von Zellen der Darmwand, wodurch vermehrt Flüssigkeit in den Darm gelangt. Eine Besiedlung des Darms mit genetisch veränderten, Tryptamin produzierenden Bakterien, beschleunigte bei Mäusen die Darmentleerung. Der Einsatz solcher Bakterien könnte daher als neue, nebenwirkungsarme Behandlung von Verstopfungen geeignet sein.

„Unser Ziel ist es, eine Therapie gegen Verstopfung zu finden, deren Wirkung auf den Darm beschränkt bleibt, ohne problematische Nebenwirkungen in anderen Regionen des Körpers zu erzeugen“, sagt Purna Kashyap von der Mayo Clinic in Rochester. Es war bekannt, dass Zellen der Darmschleimhaut über ein Rezeptorprotein verfügen, das durch Serotonin aktiviert wird. Die Aktivierung verstärkt unter anderem die Absonderung von Wasser und regt die Darmmuskulatur an. Der Versuch, diesen Mechanismus pharmakologisch zu nutzen, scheiterte daran, dass verabreichte Medikamente bedenkliche Nebenwirkungen auf Herz und Kreislauf hatten.

Kashyap und seine Kollegen fanden nun heraus, dass eine im Darm vorkommende Verbindung, das bakterielle Stoffwechselprodukt Tryptamin, aufgrund seiner dem Serotonin ähnlichen Struktur ebenfalls den Rezeptor aktivieren kann. Das zeigten Experimente, in denen Kulturen von Darmgewebe keimfrei aufgezogener Mäuse mit Tryptamin versetzt wurden. Schließlich veränderten die Wissenschaftler das Darmbakterium Bacteroides thetaiotaomicron genetisch so, dass es mit Hilfe eines zusätzlichen Enzyms aus Tryptophan Tryptamin produzieren konnte. Diese Bakterien übertrugen sie in den keimfreien Darm von Mäusen. Tatsächlich stieg der Tryptamingehalt im Darm der Tiere, wenn dem Trinkwasser Tryptophan zugesetzt wurde. Zudem beschleunigte sich die Darmentleerung und der Wassergehalt des Kotes nahm zu, verglichen mit Mäusen, denen unveränderte Bacteroides-Bakterien verabreicht worden waren. Der Tryptaminspiegel im Blut erhöhte sich bei dieser Behandlung nicht, was für eine gute Verträglichkeit der Behandlung spricht.

Wenn die Ergebnisse auf den Menschen übertragbar sind, wäre eine neue Therapieform für Verdauungsstörungen und schwere Darmerkrankungen wie das Reizdarmsyndrom denkbar. Mit ersten klinischen Studien, sagt Kashyap, sei aber frühestens in drei Jahren zu rechnen. Zurzeit werden Verstopfungen meist durch eine veränderte Ernährung oder mit Abführmitteln behandelt.

© Wissenschaft aktuell


 

Home | Über uns | Kontakt | AGB | Impressum | Datenschutzerklärung
© Wissenschaft aktuell & Scientec Internet Applications + Media GmbH, Hamburg