GPS-Satelliten und Radioteleskope können Atomwaffentests aufspüren

Selbst unterirdisch gezündete Atombomben hinterlassen Spuren in der Ionosphäre, die in großer Entfernung entdeckt werden können
GPS-Satelliten können auch zum Nachweis von Atomwaffentests dienen.
GPS-Satelliten können auch zum Nachweis von Atomwaffentests dienen.
© NASA
Ohio (USA) - Eine der größten Ängste der internationalen Gemeinschaft ist die zunehmende nukleare Aufrüstung in geopolitisch instabilen Regionen wie jüngst in Nordkorea. Ein komplexes Instrumentarium soll Staaten daran hindern, Atombomben zu entwickeln und zu testen. Eine neue Möglichkeit, Explosionen auch unterirdischer Nuklearwaffen nachzuweisen, haben amerikanische Forscher nun auf einer geophysikalischen Fachkonferenz vorgestellt. Nukleare Detonationen schicken ähnlich wie Erdbeben starke Pulse akustischer Energie in die Atmosphäre. In den höchsten Luftschichten, in der an den Weltraum grenzenden Ionosphäre, führt dies zu charakteristischen Störungen, die sich mit hoher Geschwindigkeit fortpflanzen und die Durchlässigkeit von Radiowellen beeinflussen. GPS-Empfänger und Radioteleskope können diese Störungen aufspüren und die Richtung bestimmen, aus der sie kommen.

„Diese Störungen sind zu unserem Signal geworden“, sagt Geoforscherin Dorota Grejner-Brzezinska von der Ohio State University. Durch das weltweite Netz an GPS-Empfangsstationen lassen sich Änderungen in der Ionosphäre weitflächig verfolgen, erklärt sie weiter: „Mit dem globalen GPS-System werden unglaubliche Mengen an Informationen verfügbar, und die Infrastruktur wächst weiter“, erläutert Grejner-Brzezinska. Die Störungen in der Ionosphäre hinterlassen typische Fehler im GPS-Signal, während sie sich durch die Ionosphäre ausbreiten. Die Forscher sind in der Lage, aus dem Vergleich mehrerer Empfangsstationen auch den Ursprungsort der Störungen zu ermitteln. „Es ist ganz ähnlich wie der seismische Nachweis des Epizentrums eines Erdbebens“, erklärt Jihye Park, die ebenfalls einen Vortrag hielt. In der Tat benutzten sie die selben Methoden, wie sie von Seismologen eingesetzt werden.

Die Forscher konnten den nordkoreanischen Atombombentest von 2009 aus ihren Daten herauslesen. Mit einer Stärke von fünf Kilotonnen war dieser vergleichsweise schwach und erzeugte eine atmosphärische Störung, die sich mit rund 870 Stundenkilometern ausbreitete. Die Forscher verglichen die Daten aus umliegenden GPS-Stationen zu dieser Zeit und stellten fest, dass innerhalb der ersten Stunde nach dem Test elf Stationen in Südkorea, Japan und Russland die Störung gesehen hatten.

Um zu sehen, ob sie auch ältere Atomwaffenversuche aufspüren können, wandten sich die Forscher an ihre Kollegen aus der Radioastronomie. Radioteleskope, die nach fernen Sternen spähen, sehen zwar nur einen kleinen Bereich des Himmels, diesen aber sehr genau. Auch Radioteleskope sind empfindlich für Störungen der Ionosphäre. „Unsere Beobachtungen sind nicht so verschieden von den GPS-Daten“, so Joseph Helmboldt vom Naval Research Laboratory. „Wir schauen zwar von der Erde nach oben auf ferne Galaxien anstatt nach unten auf die Erde, aber in beiden Fällen schauen wir auf Radiowellen, die durch die Ionosphäre dringen.“

Und tatsächlich konnten die Wissenschaftler in alten Teleskopdaten die letzten beiden US-amerikanischen Atomwaffentests von 1992 ausfindig machen. Diese unterirdischen Explosionen waren mit 20 Kilotonnen Sprengkraft deutlich stärker als die nordkoreanische und erzeugten Stoßwellen mit Höchstgeschwindigkeiten von 2.400 Stundenkilometern. Die Radioteleskope eignen sich also gleichermaßen für den schnellen Nachweis von Atombombentests wie die GPS-Daten. „Beide Methoden sind ziemlich effektiv“, so Grejner-Brzezinska. Das Kontrollinstrumentarium der Internationalen Atomenergieorganisation, die die militärische Nutzung von Nuklearwaffen überwacht, könnte also bald eine neue Komponente erhalten.

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