Frühes Festmahl: Menü mit Schildkröte und Rind

Begräbnishöhle in Israel enthüllt konkrete Beweise für eine Festivität vor 12.000 Jahren, bei der es sich vermutlich um einen Leichenschmaus gehandelt hat
Einer der Schildkrötenpanzer, welche im Grab einer einzelnen Frau gefunden wurden, von der die Forscher annehmen, dass es sich um eine Schamanin gehandelt hat
Einer der Schildkrötenpanzer, welche im Grab einer einzelnen Frau gefunden wurden, von der die Forscher annehmen, dass es sich um eine Schamanin gehandelt hat
© Natalie Munro
Storrs (USA)/Jerusalem (Israel) - Vom römischen Gelage bis zum schnieken Buffet von heute - eine Feier samt Festmahl in großem Kreis ist ein allseits beliebter sozialer Event. Allerdings kommen Menschen wohl schon sehr, sehr lange zu großen Feierlichkeiten zusammen, um gemeinsam zu speisen: Ein amerikanisch-israelisches Forscherduo fand nun in einer Begräbnishöhle im Norden Israels erstmals konkrete Belege dafür, dass bereits vor rund 12.000 Jahren mit üppigen Mahlzeiten für viele Personen gefeiert wurde. Die Hinterlassenschaften einer großen Zahl an Schildkrötenpanzern und Rinderknochen rund um die Überreste einer rituell begrabenen Schamanin legen nahe, dass es sich bei dem Fund um die Überbleibsel eines Leichenschmauses handelte. Details ihrer Entdeckung schildern die Anthropologin und der Archäologe im Fachblatt "PNAS".

"Wissenschaftler haben spekuliert, dass Feiern bereits vor dem Neolithikum begann, das vor etwa 11.500 Jahren anfing", erläutert Natalie Munro of the University of Connecticut. "Dies ist der erste solide Beweis, der die Idee stützt, dass gemeinsame Feste - vielleicht mit einer gewissen Häufigkeit - bereits zu Beginn zum Übergang zur Landwirtschaft vorkamen." Gemeinsam mit Leore Grosman von der Hebrew University in Jerusalem hatte Munro in einer Begräbnishöhle im Norden Israels in zwei speziell angelegten Hohlräumen die Überreste von mindestens 71 Schildkrötenpanzern und drei wilden Rindern entdeckt. Sowohl die Panzer als auch die Knochen wiesen Spuren auf, dass sie gekocht und zerlegt worden waren, was eine Essenszubereitung nahe legt.

Die Hohlräume waren laut Munro als rituelle Begräbnisstätte für einen Menschen angelegt worden, speziell für mit diesem Anlass verbundenen Festlichkeiten. Die Schildkrötenpanzer lagen unter, um und auf den Überresten einer rituell bestatteten Frau, vermutlich einer Schamanin. Das lässt die Wissenschaftler vermuten, dass das Festmahl im Zusammenhang mit der Beerdigung stattgefunden hatte. Allein das Fleisch der Schildkröten hätte für mindestens 35 Personen gereicht, schätzen die Forscher. "Wir wissen nicht genau, wie viele Menschen dieses spezielle Fest besuchten" oder wo die durchschnittliche Besucherzahl bei ähnlichen Ereignissen lag, weil wir nicht wissen, wie viel Fleisch tatsächlich in der Höhle vorhanden war", sagt Munro. "Das Beste, was wir machen können, ist anhand der anwesenden Knochen eine minimale Schätzung abgeben."

In der Periode, in der die Menschen langsam vom Nomadentum zum sesshaften Leben mit Landwirtschaft übergingen, könnten große Festmahle eine entscheidende Rolle für das soziale Zusammenleben gespielt haben. "Menschen kamen viel mit anderen Menschen in Kontakt und das kann Spannungen schaffen", erklärt Munro. "Zuvor konnten sie aufstehen und gehen, wenn sie Probleme mit den Nachbarn hatten. Nun dienten diese öffentlichen Ereignisse als gemeinschaftsbildende Gelegenheiten, welche halfen, Spannungen zu lockern und soziale Verbindungen zu festigen." Die Kombination der verstärkten sozialen Interaktion mit den Veränderungen in den zur Verfügung stehenden Ressourcen könnte laut Munro eine entscheidende Rolle für den Beginn von Ackerbau und Viehzucht gespielt haben.

(c) Wissenschaft aktuell
Quelle: "Early evidence (ca. 12,000 BP) for feasting at a burial cave in Israel", Natalie D. Munro, Leore Grosman; PNAS (doi/10.1073/pnas.1001809107)


 

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