Frieren aktiviert braunes Fettgewebe auch bei Erwachsenen

Eine verstärkte Wärmeproduktion in den braunen Fettzellen könnte helfen, überschüssige Kalorien loszuwerden
Durch PET sichtbar gemachtes braunes Fettgewebe (Der Patient fror während der Aufnahme.)
Durch PET sichtbar gemachtes braunes Fettgewebe (Der Patient fror während der Aufnahme.)
© Hg6996
Quebec (Kanada) - Das braune Fettgewebe hat beim Säugling die Funktion, durch Wärmeproduktion vor Kälte zu schützen. Bei Erwachsenen sind nur noch mehr oder weniger große Überreste dieses Gewebes vorhanden. Doch kanadische Forscher haben jetzt nachgewiesen, dass auch diese als Reaktion auf Abkühlung noch Wärme erzeugen können. Das geschieht durch Abbau von gespeichertem Fett und verändert die Gesamtenergiebilanz des Körpers, berichten die Wissenschaftler im „Journal of Clinical Investigation”. Wenn sich das braune Fettgewebe auch ohne Kälteeinwirkung aktivieren ließe, wäre es möglich, neue Maßnahmen gegen Übergewicht und Fettleibigkeit zu entwickeln.

„Unsere Ergebnisse bestätigen, dass braunes Fettgewebe des Menschen an der Wärmeerzeugung beteiligt ist – unabhängig vom muskelvermittelten Zittern“, schreiben die Forscher um André Carpentier von der Université de Sherbrooke und Denis Richard von der Université Laval in Quebec. Mit Hilfe der Positronen-Emissions-Tomographie (PET) konnten sie zeigen, dass bei Kälte verstärkt Zucker und Fettsäuren aus dem Blut in das braune Fettgewebe der Hals- und Schulterregionen gelangen. Zusammen mit dem Abbau des dort bereits gespeicherten Fetts erhöhte sich dadurch die Wärmeproduktion und der gesamte Energieverbrauch stieg um das 1,8-fache. An den Experimenten nahmen sechs gesunde Männer im Alter zwischen 23 und 42 Jahren teil, deren Hauttemperatur zwei bis vier Stunden lang um 3,8 Grad Celsius gesenkt wurde. Zuvor hatten ihnen die Forscher schwach radioaktiv markierte Substanzen injiziert. Deren Ansammlung und Abbau im Fettgewebe als Reaktion auf das Kältesignal ließen sich durch die PET sichtbar machen, was Rückschlüsse auf Stoffwechselprozesse erlaubte.

Fettleibige Menschen besitzen weniger braunes Fettgewebe als Normalgewichtige. Dessen Menge könnte also die Anfälligkeit für Übergewicht beeinflussen. Aus den neuen Ergebnissen geht allerdings hervor, dass es nicht allein auf die Menge, sondern viel mehr auf die Aktivität der braunen Fettzellen ankommt. Denn wenn die Testperson nicht fror, blieb der zusätzliche Energieverbrauch aus, worauf Barbara Cannon und Jan Nedergaard von der Universität Stockholm in einem begleitenden Kommentar hinweisen. Um einer übermäßigen Gewichtszunahme entgegenwirken zu können, müsste das braune Fettgewebe mit der Nahrungsaufnahme aktiviert werden, so dass ein Teil der zugeführten Kalorien sofort wieder in Wärme überführt und abgegeben wird. Eine solche Aktivierung, so die Kommentatoren, könnte als neue Strategie zur Therapie oder Vorbeugung von Fettleibigkeit nützlich sein.

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Quelle: „Brown adipose tissue oxidative metabolism contributes to energy expenditure during acute cold exposure in humans”, Véronique Ouellet et al.; Journal of Clinical Investigation, doi: 10.1172/JCI60433
Commentary: „Yes, even human brown fat is on fire!”, Barbara Cannon, Denis Richard, Journal of Clinical Investigation, doi: 10.1172/JCI60941


 

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