Fremdsprachenlernen im Kindergarten nicht immer kinderleicht
"Wir wissen aus anderen Forschungen, dass in der frühen Kindheit Mädchen sprachlich und sozial versierter sind als Jungen", erklärt Anne Soderman von der Michigan State University. "Doch in dieser Studie haben wir festgestellt, dass Mädchen sich schwerer tun als Jungen, sich in die Kindergartenklasse einzugewöhnen, wenn sie dabei noch eine neue Sprache lernen sollen."
Im 3. Internationalen Kindergarten von Peking hatten die Forscherinnen im Laufe eines Jahres über hundert jeweils zwei- bis dreistündige Beobachtungen vorgenommen und ausgewertet. Diesen Kindergarten besuchen Kinder aus 16 Nationen. Die vorgegebenen Sprachen dort sind Englisch und Mandarin-Chinesisch. Das bedeutet, dass jedes Kind mindestens eine neue Sprache zu lernen hat. Die Methode ist hier die so genannte "Immersion", was sich mit "Sprachbad" übersetzen lässt und dem natürlichen Spracherwerb nachempfunden ist. Das heißt, die Kinder "tauchen" in die neue Sprachumgebung ein und bekommen alle Worte durch Zeigen und Bilder nahe gebracht. Es gibt kein bewusstes Regel- und Vokabelpauken.
In der Studie zeigte sich, dass besonders die Mädchen sich in sich zurückzogen oder ein auffälliges Verhalten entwickelten, wenn sie nicht verstanden, was die Erzieher sagten. Insgesamt erwies sich der Fremdspracherwerbsprozess bei allen Kindern als langwieriger als gedacht. "Es gibt die weit verbreitete Ansicht, dass sehr junge Kinder Sprachen extrem leicht lernen könnten, dass sie gewissermaßen wie Schwämme seien, die alles in sich aufsögen", sagt Soderman, "doch ganz so ist es wohl doch nicht." Wenn Kinder in mehrsprachigen Kindergärten Verhaltensauffälligkeiten zeigten, könne es durchaus daran liegen, dass sie an der Sprachbarriere leiden, die verhindere, dass sie ihre Bedürfnisse artikulieren könnten. Erzieher in mehrsprachigen Kindergärten sollten deshalb auch in Fremdsprachendidaktik ausgebildet werden und nicht nur darauf vertrauen, dass das "Sprachbad" von allein wirke.