Fotofinish: Kamera filmt Wettlauf von Lichtpulsen

„Zum ersten Mal können Menschen Lichtpulse während ihres Flugs sehen“, sagt Lihong Wang von der Washington University in St. Louis. Mit herkömmlichen Digitalkameras hat ihr Prototyp allerdings wenig gemein. Vielmehr optimierten sie eine vor Jahren entwickelte Aufnahmetechnik, bei der kurze Laserpulse erst von einem Objekt reflektiert und danach dank winziger Laufzeit-Unterschiede dieser Signale extrem schnelle Schnappschüsse berechnet werden. Aber diese sogenannten Streak (auf deutsch: Schmierbild) – Kameras lieferten bisher nur jeweils einen Bildpunkt pro Aufnahme. Viele Wiederholungen waren nötig, um ein ganzes Bild von einem Objekt zu erhalten.
Diese Wiederholungen erübrigen sich mit der neuen Kameratechnik, die die Forscher komprimierte, ultraschnelle Fotografie (CUP – compressed ultrafast photography) getauft haben. Mit nur einem Laserpuls konnten sie direkt zweidimensionale Bilder aufnehmen. Dazu erweiterten Wang und Kollegen eine Streak-Kamera mit einem Modul aus gut einer Million winziger Spiegel. Aus einem Lichtpuls entstanden so zahlreiche Reflektionen, die die Grundlage für das zweidimensionale Bild legten. Über einen speziellen Detektor wandelten die Forscher die Lichtpulse in elektrische Signale um, die eine schnelle Berechnung einer zweidimensionalen Aufnahme ermöglichten.
Eindrucksvoll demonstrierten die Wissenschaftler die hohe Geschwindigkeit ihrer Kamera mit der Beobachtung von Lichtpulsen, die sich unterschiedlich schnell durch Luft und in einem transparenten Kunstharz ausbreiteten. Die Aufnahmen zeigten, dass sich das Licht durch Luft – wie erwartet - fast mit der Vakuumlichtgeschwindigkeit ausbreitete und im Kunstharz dagegen ein Drittel langsamer war.
Viele Anwendungen können sich Wang und Kollegen für ihre ultraschnelle Fotografie vorstellen. Integriert in Teleskope könnte diese Technologie detailreiche Schnappschüsse von Supernovae liefern. Kombiniert mit Floureszenzmikroskopen ließen sich biochemische Reaktionen filmen, um die Entwicklung von neuen Therapien zu erleichtern. Neue Impulse für die Entwicklung von optischen Tarnkappen erwartet gar Brian W. Pogue vom Dartmouth College in New Hampshire, der die große Bedeutung dieser Entwicklung in einem Kommentar in der Zeitschrift „Nature“ hervorhebt.