Fluoreszenz macht Infektionsherd sichtbar

Ein chemisch verändertes Antibiotikum ermöglicht bildgebendes Verfahren, das Entzündungen durch bakterielle Erreger nachweist
Eine Injektion mit Fluoreszenz-markiertem Vancomycin macht die Staphylokokken-Infektion (rot) im rechten Beinmuskel der Maus sichtbar. Der linke Beinmuskel ist zur Kontrolle mit E. coli infiziert.
Eine Injektion mit Fluoreszenz-markiertem Vancomycin macht die Staphylokokken-Infektion (rot) im rechten Beinmuskel der Maus sichtbar. Der linke Beinmuskel ist zur Kontrolle mit E. coli infiziert.
© Ed Lim
Groningen (Niederlande) - Antibiotika dienen eigentlich dazu, bakterielle Infektionen zu behandeln. Sie lassen sich aber auch diagnostisch einsetzen, um einen Infektionsherd aufzuspüren. Das zeigten jetzt niederländische Forscher am Beispiel von Vancomycin, das sie mit einem Fluoreszenzfarbstoff markiert hatten. Sie injizierten diese Substanz in Mäuse, deren rechter Beinmuskel zuvor mit Staphylokokken infiziert worden war. Das Antibiotikum lagerte sich an den Zellwänden der Bakterien ab. Die Bestrahlung mit Infrarotlicht löste dann eine Fluoreszenzstrahlung aus, die den genauen Ort der Infektion sichtbar machte. Von besonderer Bedeutung wäre ein solches Verfahren für einen frühzeitigen Nachweis von Infektionen, die von verunreinigten Implantaten ausgehen, schreiben die Wissenschaftler im Fachjournal „Nature Communications“.

„Fluoreszenz-markiertes Vancomycin ist ein vielversprechendes Mittel, das für einen klinischen Einsatz zum Nachweis von Infektionen durch Gram-positive Bakterien geeignet ist“, erklären Jan Maarten van Dijl von der Universität Groningen und seine Kollegen. Die Wirkung des seit Langem bekannten Antibiotikums Vancomycin beruht darauf, dass es sich an bestimmte Strukturen der bakteriellen Zellwand anlagert. Das schädigt die Neubildung der Schutzhülle der Mikroben so stark, dass sie absterben. Das Mittel ist allerdings nur gegen sogenannte Gram-positive Bakterien wirksam, wozu Staphylokokken und Streptokokken zählen. Diese Kokken verursachen häufig äußerst hartnäckige Infektionen, wenn sie mit Implantaten wie künstlichen Herzklappen, Stents, Gelenksersatz oder Herzschrittmacher in den Körper gelangen. Wird eine solche Infektion früh genug erkannt, können die Bakterien noch durch Antibiotika abgetötet werden. Haben die Keime aber erst einmal einen Biofilm auf der Oberfläche des Implantats gebildet, schützt sie diese Schleimschicht sowohl vor Antibiotika als auch vor der Immunabwehr. In diesen Fällen besteht die einzig wirksame Therapie darin, das implantierte Material wieder zu entfernen und durch ein neues zu ersetzen.

Ziel der Forscher war es, derartige Infektionen durch ein nicht-radioaktives bildgebendes Verfahren möglichst früh nachweisen zu können. Dazu koppelten sie einen Fluoreszenzfarbstoff an das Vancomycin-Molekül, der sich durch Licht der Wellenlänge 780 Nanometer anregen ließ und dann eine Emissionsstrahlung im längerwelligen Nah-Infrarotbereich bewirkte. Diese Fluoreszenzstrahlung durchdringt das Gewebe und ermöglicht Aufnahmen durch eine Spezialkamera. Eine nur einmalige Injektion des chemisch veränderten Vancomycins in sehr geringer Konzentration reichte aus, um einen Infektionsherd bei Mäusen zu lokalisieren, deren rechter Beinmuskel mit Staphylococcus aureus infiziert war. Die Methode erlaubte auch zu unterscheiden, ob eine Entzündungen durch Bakterien oder durch andere Faktoren hervorgerufen wurde.

Schließlich simulierten die Forscher eine Infektion durch ein Implantat in einem menschlichen Körper. Sie behandelten ein durch Staphylococcus epidermidis kontaminiertes Material mit dem Fluoreszenz-markierten Vancomycin und verpflanzten es unter die Haut einer Leiche. Die Stärke der anschließend ausgelösten Fluoreszenzstrahlung genügte, um die in der Praxis beobachteten Keimmengen sichtbar zu machen. Beim jetzigen Stand der Entwicklung hat das Verfahren noch den Nachteil, dass die Fluoreszenzstrahlung das Gewebe nur bis zu einer Dicke von einem Zentimeter durchdringt. Weitere Verbesserungen sollen es ermöglichen, auch Infektionsherde tiefer im Körper nachzuweisen.

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