Fluoreszenz des Todes: Sterbender Wurm erstrahlt in blauem Licht

Eine kurz vor dem Tod verstärkt produzierte fluoreszierende Substanz ermöglicht es, das fortschreitende Absterben von Zellen räumlich und zeitlich zu verfolgen
Ein blaues Fluoreszenzleuchten breitet sich im Körper eines sterbenden Fadenwurms aus und macht absterbende Körperzellen sichtbar.
Ein blaues Fluoreszenzleuchten breitet sich im Körper eines sterbenden Fadenwurms aus und macht absterbende Körperzellen sichtbar.
© Cassandra Coburn
London (Großbritannien) - Beim Tod eines Fadenwurms sterben in einem regulierten Prozess nach und nach sämtliche Körperzellen ab. Im Mikroskop beobachtet, breitet sich parallel dazu wellenförmig ein intensives blaues Fluoreszenzlicht entlang des Körpers von vorn nach hinten aus. Wie es dazu kommt, haben britische Forscher jetzt herausgefunden. Sie entdeckten einen Signalweg, der das fortgesetzte Zellsterben bis zum Lebensende des Wurms auslöst und dabei eine fluoreszierende Substanz erzeugt. Der biochemische Mechanismus ähnelt dem der Nekrose und Nervendegeneration bei Säugetieren. Ein besseres Verständnis der zugrunde liegenden Reaktionen, die beim Altern und Sterben ablaufen, könnte es ermöglichen, diese Prozesse aufzuhalten, schreiben die Wissenschaftler im Fachblatt „PLoS Biology“.

„Unsere Ergebnisse stellen die Theorie in Frage, nach der das Altern lediglich die Folge angehäufter molekularer Schäden ist“, sagt David Gems vom University College London. Ähnlich wie beim programmierten Zelltod, der Apoptose, ist auch das Zellsterben durch Nekrose beim Altern auf spezielle molekulare Reaktionswege zurückzuführen. Jetzt gelte es herauszufinden, wie diese Abläufe blockiert werden könnten, so Gems. Dazu bietet sich als Modellorganismus der Fadenwurm Caenorhabditis elegans an. Ein aktivierter Signalweg, der zum Tod des Wurms führt, bewirkt unter anderem die Produktion einer blau fluoreszierenden Verbindung in den Darmzellen. Dabei handelt es sich aber nicht, wie bisher vermutet, um Lipofuscin, das bei altersbedingten Zellschäden in Säugetieren entsteht. So war das blaue Leuchten der „Fluoreszenz des Todes“ auch zu beobachten, wenn junge Würmer getötet wurden. Die plötzliche Zunahme der Fluoreszenz auf 400 Prozent des Ausgangswertes beginnt zwei Stunden vor dem natürlichen Tod im vorderen Darmabschnitt, setzt sich nach hinten fort und klingt sechs Stunden nach dem Tod wieder ab.

Als Ursache der Fluoreszenz identifizierten die Forscher eine Verbindung der Anthranilsäure, die bei Aktivierung eines Reaktionswegs gebildet wird, der Kalziumionen gerichtet durch die Darmzellen transportiert und schließlich das Tier sterben lässt. Dadurch ist der Reaktionsablauf im Mikroskop in Echtzeit nachweisbar, was die weitere Forschung erleichtert. „Als wir diesen Prozess blockierten, konnten wir den Tod eines Tieres nach Stress oder Infektion verzögern, nicht aber den Tod durch hohes Alter“, sagt Gems. Offenbar gebe es mit zunehmendem Alter mehrere parallel ablaufende Prozesse, die am Ende zum Tod des gesamten Organismus’ führen.

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