Fliegen wie ein Baumsamen

Schwärme bionischer Mikroflieger könnten in Zukunft die Luftqualität über große Areale messen
Prototyp eines bionischen Mikrofliegers nach dem Vorbild natürlicher Flugsamen.
Prototyp eines bionischen Mikrofliegers nach dem Vorbild natürlicher Flugsamen.
© Northwestern University
Evanston (USA) - Vom Flugschirm beim Löwenzahn bis zum Propeller beim Ahornbaum – Pflanzen nutzen zahlreiche Konzepte, um ihre Samen mit dem Wind über ein möglichst großes Gebiet zu verteilen. Eine internationale Forschergruppe hat diese Flugtricks der Natur nun detailliert untersucht und teilweise nachgebaut. So berichten sie in der Fachzeitschrift „Nature“ über bionische Mikroflieger, die mit drei kleinen Flügeln beim Fall aus großer Höhe weite Strecken zurücklegen und dabei mit elektronischen Sensoren die Luftqualität messen können.

Das Team um John A. Rogers von der Northwestern University in Evanston entwickelten eine Vielzahl passiver Mikroflieger ohne eigenen Antrieb mit unterschiedlichen Größen – von weniger als einem Millimeter bis hin zu einigen Zentimetern Durchmesser. Besonders die dreiflügligen Samen einer Kletterpflanze aus der Familie der Malpighiengewächse inspirierten die Forscher zu einem besonders gut im Wind treibenden Mikroflieger. Mit Produktionsmethoden, die auch in der Chipindustrie Anwendung finden, fertigten sie eine dreiflüglige, hauchdünne Folie. Diese legten sie auf eine ebenfalls dreiflüglige Gummischicht, die sie vorher etwas gedehnt hatten. Zog sich das Gummi nun wieder zusammen, wurde die aufgelegte Folie gewölbt und es entstand eine besonders flugtaugliche, dreidimensionale Struktur.

„Wir glauben, dass wir damit sogar die Eigenschaften des natürlichen Vorbilds übertreffen können“, sagt Rogers. Denn für einen möglichst langen Flug sollte die Fallgeschwindigkeit der kleinen Propeller-Flieger möglichst gering sein. Mit nur 28 Zentimetern pro Sekunde fiel ihr Mikroflieger sogar drei bis viermal langsamer als die natürlichen Flugsamen. In der Mitte der nur etwa einen halben Millimeter kleinen Prototypen konnten die Forscher zudem einen Transistor und eine Diode setzen. Ein größerer, etwa vier Zentimeter durchmessender Prototyp trug sogar elektronische Sensoren, Mikrocontroller, Funkmodul und eine winzige Stromquelle.

Solche günstig und in großen Mengen gefertigten Mikroflieger können von einem Hochhaus, Ballon oder Flugzeug in großer Höhe freigesetzt und vom Wind über ein weites Gebiet verteilt werden. Damit wären beispielsweise detaillierte Messungen der Luftqualität möglich. Allerdings wäre es sehr schwierig und aufwendig, diese Sensoren nach einmaligen Einsatz wieder einzusammeln. Daher arbeitet Rogers bereits an Mikrofliegern, die ausschließlich aus biologisch abbaubaren Materialien und sich selbst zersetzender Elektronik bestehen.

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