Fliegen nutzen Alkohol als Medizin
„Diese kleinen Taufliegen treffen komplexe Entscheidungen darüber, wie viel Alkohol sie konsumieren, je nachdem ob sie von inneren Parasiten befallen sind oder nicht“, sagt Todd Schlenke von der Emory University in Atlanta. In faulenden Früchten, einer bevorzugten Nahrungsquelle der Fliegen, kann durch Gärung des zuckerhaltigen Saftes der Alkoholgehalt sechs Prozent erreichen. Schlenke und seine Kollegen boten Taufliegenlarven zwei Nährlösungen an, von denen eine sechs Prozent Alkohol enthielt, die andere nicht. Ein Teil der Larven war mit Eiern der parasitischen Wespe Leptopilina heterotoma infiziert.
80 Prozent der infizierten Tiere wählten die alkoholische Variante der Flüssignahrung. Von den nicht infizierten Larven waren es nur 30 Prozent. Der Alkoholkonsum bewirkte, dass 60 Prozent der infizierten Larven überlebten. Bei einer Ernährung ohne Alkohol starben alle Tiere durch die Parasiten. Im Blut der Fliegenlarven, der Hämolymphe, erreichte der Alkoholspiegel einen Wert von 0,2 Promille. Das genügte, um die Eier oder die daraus schlüpfenden Wespenlarven abzutöten. Geschieht das nicht, fressen die Wespenlarven ihren Wirt von innen auf.
Eine andere Versuchsreihe zeigte, dass Fliegenlarven, wenn sie gerade alkoholhaltige Flüssigkeit aufnehmen, auch weniger stark von den Wespen befallen werden. Wahrscheinlich hält der Alkoholgeruch die Wespen davon ab, ihre Eier mit Hilfe des Legestachels in die Larven zu übertragen. Die Forscher vermuten, dass auch andere Tiere den Schutzeffekt des Alkohols gegenüber Parasiten im Blut nutzen könnten. Diese Möglichkeit sollte auch beim Menschen überprüft werden. Bisher sei kaum untersucht, ob eine kurzzeitige therapeutische Einnahme von Alkohol oder ein längerer mäßiger Alkoholkonsum helfen kann, hartnäckige Infektionen zu bekämpfen.