Fischgedächtnis besser als gedacht

Buntbarsche merken sich mindestens zwölf Tage lang, wo es Futter gibt
Ein Buntbarsch der Art Labidochromis caeruleus
Ein Buntbarsch der Art Labidochromis caeruleus
© Erica Ingraham
Manchester (Großbritannien)/Edmonton (Kanada) - Fische haben offenbar ein besseres Gedächtnis als vermutet. Zumindest ein beliebter Zierfisch kann sich über einen Zeitraum von mindestens zwölf Tagen merken, wo es Futter zu finden gab. Das haben kanadische Biologen bei dem afrikanischen Buntbarsch Labidochromis caeruleus beobachtet, wie sie auf dem Jahrestreffen der „Society for Experimental Biology“ in Manchester berichteten. Fische sind durchaus in der Lage, zwischen komplexen optischen Reizen zu unterscheiden und sich daran zu orientieren. Bisher war allerdings relativ wenig darüber bekannt, wie lange sie so Erlerntes im Gedächtnis behalten.

„Fische, die sich einprägen, wo sich Futter finden lässt, haben einen evolutionären Vorteil gegenüber denjenigen, die das nicht können“, erläuterte Trevor J Hamilton von der MacEwan University. „Wenn sie sich daran erinnern, dass ein bestimmtes Gebiet Futter enthält, aber frei von der Bedrohung durch Räuber ist, werden sie in der Lage sein, dorthin zurückzukehren.“ Insbesondere bei Futterknappheit sei dies ein entscheidender Überlebensvorteil. Neugierig geworden waren Hamilton und seine Kollegen durch anekdotische Erzählungen von Aquaristen, die von der vermeintlichen Intelligenz ihrer afrikanischen Buntbarsche berichteten – darunter auch Hamiltons Studentin Erica Ingraham, die ebenfalls an der Studie beteiligt war. „Es gibt viele Geschichten darüber, wie schlau diese Fische sind“, so Hamilton. „Manche Leute glauben sogar, dass ihre Buntbarsche mit ihnen Fernsehen schauen.“ Daher stellten die Forscher die Gedächtnisleistungen der Zierfische in einem Verhaltensversuch auf die Probe.

Um das Gedächtnis der Fische auf die Probe zu stellen, trainierten Hamilton und Kollegen diese zunächst darauf, sich in einem bestimmten Bereich des Versuchsaquariums aufzuhalten. Der Aufenthalt in dieser Zone, in der sich ein Linienmuster aufwärts bewegte, wurde mit Futter belohnt. Der Aufenthalt am anderen Ende des Trainingsbeckens, in dem sich das Muster abwärts bewegte, dagegen nicht. Nach drei Trainingstagen und einer darauffolgenden Pause von zwölf Tagen testeten die Forscher, ob die Buntbarsche eine Präferenz für eine der beiden Zonen behalten hatten. Tatsächlich hielten sich die Fische bevorzugt in dem Bereich mit dem aufwärts laufenden Muster auf, in dem sie zwölf Tage zuvor Futter erhalten hatten. Sie konnten sich also offensichtlich an die Erfahrungen aus dem Training erinnern.

Die Buntbarsche erwiesen sich in weiteren Verhaltensversuchen außerdem als flexibel im Umgang mit dem Erlernten, denn sie konnten auch umlernen. Nach weiteren zwanzig Tagen Pause, drei Tagen erneuten Trainings, in dem das Futter nun mit dem abwärts laufenden Muster gegeben wurde, und nochmals zwölf Tagen Pause, zeigten sie zunächst gar keine Präferenzen mehr. Nach einem zweiten dreitägigen Training mit dem Abwärtsmuster bevorzugten sie dann den Bereich mit dem abwärts laufenden Linienmuster.

Labidochromis caeruleus zeigt eine Reihe komplexer Verhaltensweisen, was den Buntbarsch zu einem vielversprechenden Kandidaten für Tests von Gedächtnisleistungen macht. Im Aquarium wird gerne die zitronengelbe Farbvariante mit schwarz gemusterter Rücken-, Brust- und Afterflosse gehalten. In freier Wildbahn ernähren sich die Buntbarsche vorwiegend von Schnecken, kleineren Fischen, Insekten und Pflanzen – haben also eine reichhaltige Auswahl zwischen unterschiedlichen Nahrungsangeboten. Man nimmt an, dass sie sich die Lage bevorzugter Futterplätze einprägen können. In weiteren Studien wollen Hamilton und seine Kollegen nun untersuchen, ob bestimmte Umweltbedingungen oder Substanzen das Gedächtnis der Fische beeinflussen.

© Wissenschaft aktuell
Quelle: „12-Day Reinforcement Based Memory in African Cichlids (Labidochromis caeruleus)?”, Erica L Ingraham, Nicole D Anderson, Trevor J Hamilton; SEB Annual Meeting 2014, Poster Session A9.60


 

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