Fieber bei Kleinkindern: Bessere Diagnose durch genetischen Bluttest

Das Aktivitätsmuster von Genen in Immunzellen zeigt an, ob Viren oder Bakterien eine fiebrige Infektion ausgelöst haben
Oft ist nicht ersichtlich, warum kleine Kinder Fieber haben.
Oft ist nicht ersichtlich, warum kleine Kinder Fieber haben.
© Robert Boston, Washington University in St. Louis
St. Louis (USA) - Kleinkinder haben häufig Fieber ohne erkennbare Ursache. Eine Behandlung mit Antibiotika wäre nur dann sinnvoll, wenn Bakterien und nicht Viren für den Anstieg der Körpertemperatur verantwortlich sind. Jetzt haben amerikanische Mediziner gezeigt, dass ein Gentest mit Blutzellen zwischen beiden Infektionsarten unterscheiden kann. Sie ermittelten, welche Gene der weißen Blutkörperchen aktiv sind, da diese Immunzellen auf unterschiedliche Erregertypen verschieden reagieren. Im Gegensatz zu einem direkten Erregernachweis – der auch Viren ohne klinische Bedeutung erfasst – erkennt der neue Gentest nur eine akute, behandlungsbedürftige Infektion und erleichtert die Entscheidung für eine Therapie, schreiben die Forscher im Fachjournal „Proceedings of the National Academy of Sciences (PNAS)“.

„Einige dieser Kinder haben schwere bakterielle Infektionen, die lebensbedrohlich sein können, aber die meisten haben eine Virusinfektion. Das Problem ist, zwischen beiden zu unterscheiden“, sagt Gregory Storch von der Washington University in St. Louis. Viele Kinder mit Fieber unklarer Ursache werden sicherheitshalber – aber meist unnötig – mit einem Antibiotikum behandelt. Das hat Nebenwirkungen und begünstigt die Entwicklung resistenter Keime. Es ist bekannt, dass Immunzellen auf Bakterien anders reagieren als auf Viren. Dabei müssten auch andere Gene eingeschaltet und andere Signalwege aktiviert werden. Das überprüften Storch und seine Kollegen nun mit Hilfe von Gen-Chips, die den Aktivitätszustand sämtlicher menschlicher Gene in weißen Blutkörperchen sichtbar machten.

Sie entnahmen Blutproben von 35 Kindern im Alter zwischen zwei Monaten und drei Jahren, die aufgrund bestätigter Infektionen durch Viren oder Bakterien Fieber entwickelt hatten. Konkrete Anzeichen für eine bestimmte Infektion, beispielsweise Durchfall oder Husten, lagen nicht vor. Als Kontrolle dienten Proben von 22 fieberfreien Kindern; bei acht von ihnen wurden dieselben Virustypen wie bei einigen der anderen nachgewiesen. Tatsächlich ermöglichte das Profil der Genaktivitäten, fiebrige Infektionen durch Adenoviren, Herpesviren und Enteroviren klar von bakteriellen Infektionen zu unterscheiden. Nicht-fiebrige Kinder mit denselben Viren zeigten ebenfalls ein anderes Aktivitätsmuster. Die Zuverlässigkeit des Testverfahrens lag bei mehr als 90 Prozent und damit deutlich über dem Wert von 70 Prozent für eine Standardmethode, bei der lediglich die Zahl der weißen Blutkörperchen ermittelt wird. Ein erhöhter Wert gilt dabei als Hinweis auf eine bakterielle Infektion.

„Das ist wirklich wichtig für den behandelnden Arzt: Wenn das Muster der Genaktivitäten für eine Virusinfektion spricht, braucht er keine Antibiotika zu verschreiben“, sagt Storch. Der Gentest ist aussagekräftiger als ein direkter Nachweis des Erregers. Denn das bloße Vorhandensein eines Virus’ sagt noch nichts über dessen Krankheitspotenzial. Dagegen zeigen bestimmte aktivierte Gene in Immunzellen an, dass Abwehrreaktionen ablaufen, um eine akute Infektion zu bekämpfen. Sind dieselben Gene inaktiv, liegt keine behandlungsbedürftige Infektion vor, auch wenn mögliche Erreger nachgewiesen wurden. In seiner jetzigen Form ist der Gentest für die Praxis noch zu teuer und zu zeitaufwändig. Daher wollen die Forscher die Zahl der auf dem Gen-Chip erfassten Gene verringern. Außerdem seien wegen der geringen Größe der Studie weitere Untersuchungen nötig, um die erzielten Ergebnisse zunächst zu bestätigen.

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