Fettreiche Nahrung erzeugt Appetit zügelnde Botenstoffe

Bestimmte Lipide, die im Darm aus dem Fett gebildet werden, wirken direkt auf Hirnzellen, die den Appetit regulieren
New Haven (USA) - Gefühle von Hunger und Sättigung sorgen normalerweise für eine ausgeglichene Energiebilanz und ein gleich bleibendes Körpergewicht. Das erfordert eine Kommunikation zwischen Darm und Gehirn, die durch verschiedene Botenstoffe vermittelt wird. Amerikanische Forscher haben jetzt weitere, bisher unbekannte Botenstoffe entdeckt, die bei Aufnahme fettreicher Nahrung im Darm entstehen und über den Blutkreislauf ins Gehirn gelangen. Die fettähnlichen Moleküle, so genannte N-Acylphosphatidylethanolamine (NAPEs), wirken direkt auf Gehirnzellen ein und drosseln den Appetit. Die Ergebnisse der Tierversuche sprechen dafür, dass sich diese Phospholipide zur Behandlung von Fettleibigkeit eignen könnten, schreiben die Wissenschaftler im Fachblatt "Cell".

"Es gibt noch immer keine guten Therapien gegen Fettleibigkeit", sagt Gerald Shulman von der Yale University in New Haven. Die bisher bekannten Darmhormone mit Appetit drosselnder Wirkung hätten sich aus verschiedenen Gründen als ungeeignet für einen therapeutischen Einsatz erwiesen. Er und seine Kollegen suchten nun nach neuen Botenstoffen, die als Reaktion auf fettreiche Nahrung im Darm entstehen und ins Blut gelangen. Dazu verglichen sie den Lipidgehalt des Blutserums von Ratten, die entweder zwölf Stunden gehungert oder gerade gefressen hatten. Es zeigte sich, dass eine fettreiche Nahrung den NAPE-Spiegel um 40-50 Prozent ansteigen ließ. Injektionen mit einem chemisch hergestellten NAPE verringerte die Nahrungsaufnahme der Tiere.

"Diese Behandlung war wirklich ziemlich effektiv", sagt Shulman. "Die höchste Dosis hielt die Tiere zwölf Stunden vom Fressen ab". Eine geringere Dosis, die den natürlichen Blutwerten nach dem Fressen entsprach, bewirkte, dass die Ratten ein Viertel weniger Nahrung zu sich nahmen. Bei Tieren, die 35 Tage lang fettreiche Kost erhielten, reagierte der NAPE-Blutspiegel nicht mehr mit einem Anstieg nach der Nahrungsaufnahme. Aber auch diese Ratten sprachen noch auf Injektionen mit NAPE an. Durch eine Injektion von radioaktiv markiertem NAPE konnten die Forscher nachweisen, dass das Lipid die Blut-Hirnschranke überwinden kann und sich im Hypothalamus ansammelt. Diese Hirnregion erzeugt Hunger- und Sättigungsgefühle. Die Resultate sprechen dafür, dass NAPEs nach dem Prinzip der negativen Rückkopplung die Nahrungsaufnahme drosseln.

Schließlich untersuchten die Wissenschaftler, ob der Botenstoff auch wirksam blieb, wenn er über längere Zeit zugeführt wurde. Tatsächlich hielt die Appetit zügelnde Wirkung mindestens fünf Tage an. In dieser Zeit verloren die Ratten zehn Prozent ihres Körpergewichts, ohne dass bedenkliche Nebenwirkungen auftraten. Dieses Ergebnis erhöht die Chancen auf einen Einsatz zur Therapie von Fettleibigkeit beträchtlich. Zunächst aber gilt es zu klären, ob sich der NAPE-Blutspiegel beim Menschen genauso verhält, wie bei den Nagern. Wenn das so ist und auch Versuche mit Affen erfolgreich verlaufen, könnten schon bald klinische Studien beginnen.

Cell Press
Quelle: "N-acylphosphatidylethanolamine, a Gut-Derived Circulating Factor Induced by Fat Ingestion, Inhibits Food Intake", Matthew P. Gillum et al.; Cell, Vol. 135, p. 813 (2008), DOI: 10.1016/j.cell.2008.10.043


 

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