Fettgewebe wehrt Hautinfektionen ab

Fettzellen in der Unterhaut reagieren auf eindringende Staphylokokken, indem sie eine antibiotisch wirksame Substanz freisetzen
Querschnitt durch die Haut: Oberhaut (zweischichtig dargestellt), Lederhaut (dunkelrot) und Unterhaut (mit Fettgewebe, gelb)
Querschnitt durch die Haut: Oberhaut (zweischichtig dargestellt), Lederhaut (dunkelrot) und Unterhaut (mit Fettgewebe, gelb)
© Shutterstock, Bild 153492779
San Diego (USA) - Das Fettgewebe der Unterhaut dient nicht nur als Kälteschutz und Energiespeicher. Es spielt offenbar auch eine bisher unbekannte Rolle bei der Abwehr von Bakterien. Wenn Staphylokokken über eine Verletzung in tiefere Hautschichten vordringen, regen sie die Bildung neuer Fettzellen an. Diese produzieren eine antibiotisch wirksame Substanz, welche die Bakterien direkt abtötet, berichten amerikanische Forscher im Fachjournal „Science“. Wurde die Vermehrung von Fettzellen in der Haut blockiert, waren Mäuse anfälliger für Hautinfektionen. Die schnelle lokale Abwehrreaktion verhindert die weitere Ausbreitung von eingedrungenen Erregern, schon bevor Immunzellen aus dem Blut am Infektionsort eingetroffen sind. Möglicherweise ist dieser Mechanismus bei übermäßiger Fettbildung irgendwie gestört, da fettleibige Patienten eher an Infektionen erkranken.

„Mit antimikrobiellen Peptiden (AMP) verteidigen wir uns an vorderster Front gegen eine Infektion. Solche Eiweißstoffe haben sich schon früh in der Evolution entwickelt und werden von allen Organismen eingesetzt, um sich selbst zu schützen”, sagt Richard Gallo von der University of California in San Diego, der Leiter der Forschergruppe. Als Teil der angeborenen Immunantwort produzieren beispielsweise die äußeren Hautzellen derartige Abwehrstoffe, die aus kurzen Ketten von Aminosäuren bestehen. Gallo und seine Kollegen haben jetzt eine zweite Verteidigungslinie zur Bekämpfung von Hautinfektionen entdeckt. Sie wird aktiviert, wenn Bakterien durch eine tiefere Hautverletzung bis ins Unterhautfettgewebe eindringen.

Die Forscher injizierten multiresistente Keime von Staphylococcus aureus (MRSA) unter die Haut von Mäusen. Schon nach kurzer Zeit nahmen daraufhin Größe und Anzahl der Fettzellen an der Einstichstelle zu. Durch den Kontakt mit den Bakterien entwickelten sich Stamm- und Vorläuferzellen zu reifen Fettzellen. Wie Versuche mit Zellkulturen ergaben, setzten zudem die neu gebildeten Fettzellen Cathelicidin frei, ein gegen Staphylokokken hochwirksames AMP. Menschliche Fettzellen der Haut reagierten auf die gleiche Weise. Cathelicidin-Produktion und Neubildung von Fettzellen sind miteinander gekoppelt: Mäuse, die wegen eines genetischen Defekts nicht mehr in der Lage waren, neue Fettzellen zu erzeugen, produzierten bei einer Infektion auch weniger Cathelicidin und waren generell anfälliger für einen schweren Krankheitsverlauf.

Wie Fettzellen und ihre Vorläufer die Bakterien erkennen, ist noch nicht geklärt. Auch warum fettleibige Menschen trotz stärker ausgeprägtem Fettgewebe leichter an Hautinfektionen erkranken, muss noch erforscht werden. Eine mögliche Erklärung dieses Widerspruchs sehen die Forscher darin, dass eine übermäßige Fettmenge Entzündungsreaktionen auslösen und dadurch die Kontrolle der Cathelicidin-Produktion stören könnte. Ganz allgemein, so Gallo, sei eine strenge Regulation dieses Prozesses wichtig. Denn zu wenig Cathelicidin schwächt die Infektionsabwehr. Wird dagegen zu viel produziert, steigt das Risiko für Autoimmunerkrankungen und chronische Entzündungen.

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