Fettgewebe unterstützt schnelle Immunabwehr

Das Gewebe dient als Reservoir für spezielle Gedächtniszellen des Immunsystems, die bei wiederholtem Kontakt mit einem Erreger aktiviert werden
Menschlicher Lymphozyt in einer rasterelektronenmikroskopischen Aufnahme
Menschlicher Lymphozyt in einer rasterelektronenmikroskopischen Aufnahme
© Dr. Triche, National Cancer Institute, USA / gemeinfrei
Bethesda (USA) - Weißes Fettgewebe ist nicht nur ein Depot für gespeichertes Fett, das als Energiereserve dient. Es beherbergt neben anderen Immunzellen auch spezielle Gedächtniszellen, die sehr schnell auf einen wiederholten Kontakt mit einem Krankheitserreger reagieren, wie amerikanische Mediziner im Fachblatt „Immunity“ berichten. Dabei wird die Immunantwort aktiv von Fettzellen unterstützt, die als Energielieferanten dienen. Diese bisher unterschätzte Verstärkung der Immunabwehr schützt nicht nur die einzelnen vom Fettgewebe umschlossenen Organe. Es werden auch Botenstoffe freigesetzt, die Immunzellen im ganzen Organismus aktivieren. Die neuen Erkenntnisse könnten unter anderem dazu beitragen, die Ursache chronischer Entzündungen bei Fettleibigkeit zu erklären und Therapien zu entwickeln.

„Unsere Ergebnisse lassen vermuten, dass weißes Fettgewebe ein Frühwarnsystem sein könnte, weil darin Gedächtnis-T-Zellen langfristig überdauern und schnell reaktiviert werden können“, schreiben Yasmine Belkaid vom National Institute of Allergy and Infectious Diseases in Bethesda und ihre Kollegen. Der enge Kontakt dieser Immunzellen zum Energiespeicher des Körpers könne sich als wichtige Überlebensstrategie erwiesen haben, um in Zeiten des Nahrungsmangels eine effektive Immunabwehr aufrechtzuerhalten. Da das Fettgewebe die inneren Organe umgibt und mit Strukturen des Lymphsystems in Verbindung steht, kann es als Barriere gegen das Eindringen von Krankheitserregern dienen.

Im Fettgewebe der Unterhaut und der Eingeweide von Mäusen und Affen fanden die Forscher verschiedene Arten von Immunzellen. Darunter waren auch spezielle Gedächtniszellen von T-Lymphozyten, die dauerhaft an diesem Ort verbleiben, anstatt mit dem Blut im Körper zu zirkulieren. Eine größere Zahl dieses Zelltyps bildet sich nach der Erstinfektion mit einem Erreger und geht dann in einen inaktiven Zustand über. Wenn derselbe Erreger wieder in den Körper eindringt, werden diese Gedächtniszellen sofort aktiviert und lösen eine beschleunigte und gezielte Immunantwort aus.

Im Fettgewebe von Mäusen, die mit dem bakteriellen Erreger Yersinia pseudotuberculosis infiziert worden waren, ließen sich nach überstandener Infektion mindestens vier Monate lang erregertypische Gedächtnis-T-Zellen nachweisen. Nach erneuter Infektion mit demselben Keim vermehrten sich diese T-Zellen stark und setzten die Botenstoffe Gamma-Interferon und TNF-alpha frei, die Abwehrreaktionen bewirken. Wurde Fettgewebe mit solchen Gedächtniszellen in Mäuse verpflanzt, die bisher noch keine Yersinieninfektion durchgemacht hatten, konnten diese Tiere eine ansonsten tödliche Injektion mit Yersinia pseudotuberculosis erfolgreich abwehren. Die Aktivierung von Gedächtniszellen im Fettgewebe veränderte auch den Stoffwechsel der Fettzellen: Sie drosselten die Fettbildung und bauten vermehrt Fett ab. Dadurch stellten sie offenbar den Gedächtniszellen Energie zur Verfügung, die diese zu ihrer Aktivierung benötigten. Die Fettzellen unterstützten also aktiv die Abwehrfunktion der Immunzellen.

Die neuen Ergebnisse würden erklären, warum ungenügend ausgebildetes Fettgewebe die Anfälligkeit für Infektionen erhöht. Andererseits könnte die weitere Aufklärung des Zusammenspiels zwischen Fett- und Immunzellen helfen, Therapien für chronisch entzündliche Erkrankungen zu entwickeln, die mit Fettleibigkeit zusammenhängen.

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