Federleicht und extrem stark - Muskeln aus Nanoröhrchen

Unter Hochspannung strecken sich gewobene Nanofasern und sollen 32-mal stärkere Kräfte ausüben als natürliche Muskeln
Nanoröhrchen werden zu künstlichen Muskeln verwoben
Nanoröhrchen werden zu künstlichen Muskeln verwoben
© UT Dallas
Dallas (USA) - Winzige Bündel aus Nanoröhrchen können sich dehnen und strecken wie natürliche Muskeln. Dabei sind sie kaum schwerer als Luft, extrem stabil und können schwere Lasten bewegen. Amerikanische Nanoforscher stellten nun erste Prototypen solcher Nanomuskeln aus dem vielseitigen Kohlenstoff-Material her und prognostizieren in der Zeitschrift "Science" zahlreiche Anwendungen.

"Aerogele aus Kohlenstoffnanoröhrchen sind die Schlüsselkomponente für künstliche Muskeln, die sich bis zu 37.000 mal pro Sekunde um 220 Prozent dehnen können", berichten Ali E. Aliev und seine Kollegen vom Alan G. MacDiarmid NanoTech Institute an der University of Texas in Dallas. Tausende der mehrwandigen Röhrchen verwoben die Forscher zu zwei Millimeter breiten und fünf Zentimeter langen Faserbündeln. In der Längsrichtung zeigten sich diese Fasern fester als Stahl, in der Querrichtung dagegen elastisch wie Gummi.

Als die Forscher diese künstlichen Muskeln unter Hochspannungen von bis zu 5000 Volt setzten, blähte sich das Material durch elektrostatische Abstoßung der einzelnen Röhrchen wie ein Ballon in der Querrichtung aus und verkürzte sich entsprechend in der Längsrichtung. Wurde die Spannung wieder abgeschaltet, dehnte sich das Material wieder auf seine etwa doppelte Länge aus. Dieser Vorgang ließ sich 37.000 Mal pro Sekunde reversibel wiederholen, deutlich schneller als die Kontraktion von natürlichen Muskeln. Zudem sind die Bündel mit einer Masse von 1,5 Milligramm pro Kubikzentimeter kaum schwerer als Luft und könnten – vorerst rein theoretisch – bis zu 32 mal schwerere Lasten bewegen als natürliche Muskelfasern gleichen Gewichts.

"Diese Muskeln funktionieren auch bei extremen Temperaturen", hebt Gruppenleiter Ray Baughman einen weiteren Vorteil heraus. Sowohl bei tief kalten minus 196 Grad als auch bei glühend heißen 1600 Grad blieben die Röhrchenbündel stabil und konnten sich ohne wesentliche Einschränkungen dehnen und strecken. Kombiniert mit dem geringen Gewichtm, empfehlen sich diese künstlichen Muskeln für einen Einsatz in Satelliten und Raumsonden.

Bevor diese Nanomuskeln allerdings kräftige Stellmotoren und Getriebe ersetzen können, müssen sie zu handlichen Modulen weiter entwickelt werden. Auch die für die Bewegung der Muskeln notwendigen hohen Spannungen von bis zu 5000 Volt werden den Einsatz vorerst auf wenige Nischen einschränken. Gelingt es jedoch, vergleichbare Kontraktionen mit ungefährlicheren Spannungen schalten zu können, könnten die Nanomuskeln viele Elektromotoren beispielsweise im Flugzeug- und Fahrzeugbau ersetzen.

(c) Wissenschaft aktuell
Quelle: "Giant-Stroke, Superelastic Carbon Nanotube Aerogel Muscles", A.E. Aliev et al., Science, Vol. 323, S. 1575


 

Home | Über uns | Kontakt | AGB | Impressum | Datenschutzerklärung
© Wissenschaft aktuell & Scientec Internet Applications + Media GmbH, Hamburg