Fast Gedankenlesen: Blick ins aktive Kurzzeitgedächtnis
Für eine Sekunde bekamen die Versuchsteilnehmer das Bild eines Gegenstandes gezeigt. Zehn Sekunden später zeichneten die Forscher um Edward Awh von der University of Oregon deren Gehirnaktivität auf, mithilfe der funktionalen Magnetresonanz-Tomografie. Dabei zeigte sich, dass immer jene Gehirnregion aktiv war, die für das Merkmal zuständig ist, das ein Individuum am meisten interessierte. "Wenn Versuchspersonen sich vom Gegenstand die Lage im Raum gemerkt hatten, dann zeigte sich keine Gehirnaktivität in Regionen, die für Farbe zuständig sind - auch wenn die Person auf einen farbigen Gegenstand im Raum geblickt hatte", erklärt Edward Awh. "Wenn die Probanden sich aber Farben des Gegenstandsgemerkt hatten, dann konnten wir entschlüsseln, welche Farbe sie sich genau gemerkt hatten."
Das Merkmal, das sich ein Individuum beim Anblick eines Gegenstands merkt, wird im visuellen Kortex repräsentiert, konnten Awh und seine Kollegen feststellen. "Dies ist wichtig, weil es belegt, dass der Mensch die gleiche neuronale Maschinerie, die er während des Erinnerns zum Einsatz bringt, auch nutzt, wenn er einen Reiz sieht", erklärt Awh. Diese Erkenntnis unterstützt die so genannte "Sensory Recruitment Hypothesis", die davon ausgeht, dass es dieselben Bereiche des Gehirns sind, die für die Wahrnehmung und die Speicherung eines Reizes zuständig sind.