Falsches Vertrauen: Warum ältere Menschen häufiger auf Betrüger hereinfallen
„Ältere Menschen scheinen besonders anfällig für betrügerische, persönliche Kundenwerbung zu sein. Und das könnte mit einer verringerten Sensibilität für Signale zusammenhängen, die mit Vertrauen zu tun haben“, sagt Shelley Taylor von der University of California in Los Angeles. In zwei Studien untersuchte ihr Forscherteam, wie sich junge und alte Probanden darin unterscheiden, die Vertrauenswürdigkeit eines Menschen beim Betrachten seines Gesichts einzuschätzen. An der ersten Studie beteiligten sich 119 Männer und Frauen im Alter zwischen 55 und 84 Jahren, sowie 24 Menschen, die im Schnitt 23 Jahre alt waren. Jede Testperson beurteilte Gesichter von 30 Fotos als vertrauenswürdig, neutral oder nicht vertrauenswürdig. Dabei erkannten die Jüngeren Gesichtszüge, die Unehrlichkeit signalisierten, häufiger als die Älteren. Beim Urteil über die anderen Gesichter gab es dagegen keine altersabhängigen Unterschiede.
In der zweiten Studie mit 44 Teilnehmern erfolgten Hirn-Scans mit Hilfe der funktionellen Magnetresonanztomographie (fMRT), während die Probanden die Fotos betrachteten. Diese Technik macht veränderte Durchblutung und verstärkte Stoffwechselaktivitäten im Gewebe sichtbar. Zwischen beiden Altersgruppen ergaben sich deutliche Unterschiede im vorderen Inselcortex – einem Teil der Großhirnrinde, der für Empathie und Bauchgefühl verantwortlich ist. Die nicht vertrauenswürdigen Gesichter regten die Nervenzellen dort bei den alten Menschen viel weniger an als bei den jungen. Die unterschiedliche Beurteilung ist demnach auf eine unterschiedliche Signalverarbeitung im Gehirn zurückzuführen.
Das typische Opfer eines Finanzbetrugs sei ein 55-jähriger Mann, der Erfahrungen in Geldgeschäften hat, sagt Taylor. Etwa in diesem Alter würde die Fähigkeit nachlassen, die Vertrauenswürdigkeit seines Gegenübers richtig zu beurteilen. Und wie sieht nun so ein nicht vertrauenswürdiges Gesicht aus? „Das Lächeln ist falsch und der Augenkontakt fehlt“, sagt Taylor. Leider sei es nicht möglich, die in den Studien eingesetzten Fotos zu veröffentlichen, da sie sonst für weitere Tests nicht mehr verwendet werden könnten.