Extrem saurer Magensaft bei Aasfressern – und Menschen

Pflanzenfresser nehmen mit geringerer Wahrscheinlichkeit Krankheitserreger mit der Nahrung auf und können eher auf die Schutzwirkung der Magensäure verzichten als Fleisch- und Allesfresser
Ein extrem saurer Magensaft schützt Aasfresser wie Hyänen vor Infektionen.
Ein extrem saurer Magensaft schützt Aasfresser wie Hyänen vor Infektionen.
© Shutterstock, Bild 253294927
Raleigh (USA) - Der hohe Säuregehalt des Magensaftes spielt eine wichtige Rolle bei der Verdauung von Fleisch. Außerdem tötet die Salzsäure Mikroben ab, die mit der Nahrung aufgenommen wurden und in den Darm gelangen könnten. Dieser Schutz vor Lebensmittelinfektionen müsste für Aasfresser stärker sein als für reine Pflanzenfresser, da verwesendes Fleisch eher Krankheitserreger enthält. Das bestätigen jetzt die Ergebnisse von Untersuchungen, über die amerikanische Biologen im Fachblatt „PLoS One“ berichten. Sie stellten fest, dass der Magensaft aasfressender Vögel und Säugetiere generell extrem saure, also sehr niedrige pH-Werte aufweist. Dass der Mensch als Allesfresser mit einem pH-Wert von 1,5 einen ähnlich sauren Magensaft hat wie diese Tiere, könnte Rückschlüsse auf seine Evolution zulassen.

„Wir begannen dieses Projekt, weil wir den Zusammenhang zwischen Magensäure, Ernährung und Darmmikroben von Vögeln und Säugetieren besser verstehen wollten“, sagt DeAnna Beasley von der North Carolina State University in Raleigh. Die Resultate sollten zudem Hinweise darauf liefern, inwieweit der Magen des Menschen die Darmflora und damit seine Gesundheit beeinflusst. Beasley und ihre Kollegen sammelten bereits publizierte Daten über den Säuregrad des Magensafts von 68 Säugetier- und Vogelarten. Diesen Werten stellten die Forscher jeweils Angaben zur Ernährungsweise des entsprechenden Tieres gegenüber.

Die niedrigsten pH-Werte fanden sie bei Tieren, die sich von Aas ernährten. Für sie ist die Infektionsgefahr bei der Nahrungsaufnahme am größten und ihr Magen wirkt als Filter, den nur wenige Mikroben lebend passieren können. Auch bei räuberischen Tieren, die sich von verwandten Tierarten ernähren, waren die pH-Werte im Magen oft niedriger als bei anderen Säugern oder Vögeln, die Insekten oder Fische jagen. Das ließe sich ebenfalls mit dem unterschiedlichen Infektionsrisiko erklären, sagen die Biologen. Reine Pflanzenfresser haben dagegen nur ein sehr geringes Risiko, mit der Nahrung Krankheitserreger aufzunehmen. Ihr Magensaft hatte höhere pH-Werte, die meist zwischen 3 und 6 lagen. Der Biber nahm mit einem pH-Wert von nur 1,7 trotz rein pflanzlicher Kost eine Sonderstellung ein. Das erklären die Forscher damit, dass diese Tiere Nahrung unter Wasser lagern, was die Gefahr einer Kontamination erhöht. Der Grund für die ähnlich niedrigen pH-Werte bei Mensch und Aasfressern könnte in der Evolution des Menschen liegen: Möglicherweise gab es eine Entwicklungsphase, in der sich unsere Vorfahren zu einem großen Teil von Aas ernährt haben, bevor sie zu erfolgreichen Jägern wurden.

Der Nachteil eines besonders sauren Magensafts besteht darin, dass auch kaum nützliche Mikroben mit der Nahrung in den Darm gelangen können. Das erschwert die Behandlung mit probiotischen Bakterien, die helfen könnten, eine durch Antibiotika gestörte Darmflora wieder zu normalisieren. Der pH-Wert im menschlichen Magen verändert sich auch mit dem Alter. Bei Neugeborenen ist er noch erhöht, so dass eine Erstbesiedlung des Darms erleichtert wird. Bei Frühgeborenen wurden Werte über 4 gemessen. In den ersten Lebenswochen besteht daher auch ein größeres Risiko für Magen-Darm-Infektionen. Ähnliches gilt für alte Menschen, bei denen nach Angaben der Autoren der pH-Wert auf 6,6 ansteigen kann. Auch eine operative Magenverkleinerung und Medikamente, die die Säure im Magen neutralisieren oder deren Produktion hemmen, lassen den pH-Wert ansteigen. Das könnte sich sowohl auf das Infektionsrisiko als auch auf das Artenspektrum der Darmflora auswirken.

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