Evolution der Kolibris: Große Artenvielfalt in sehr kurzer Zeit

Im Laufe von nur rund 20 Millionen Jahren entstanden mehr als 300 Arten in einer Vielzahl unterschiedlicher Nischen
Vulkanelfe (Selasphorus flammula) im Flug - diese Kolibriart lebt auf Costa Rica.
Vulkanelfe (Selasphorus flammula) im Flug - diese Kolibriart lebt auf Costa Rica.
© Anand Varma
Berkeley (USA) - Kolibris fallen durch ihren Schwebflug ebenso auf wie durch ihre Ernährungsweise – sie schlürfen Nektar über ihren langen, gebogenen Schnabel. Jetzt liefern Erbgutanalysen von US-Biologen außerordentlich viele Details über die Evolution dieser besonderen Familie der Vögel. Diese ging demzufolge außerordentlich rapide vonstatten: Die nektarfressenden Schwebvögel entwickelten sich innerhalb von nur rund 20 Millionen Jahren in eine Vielzahl unterschiedlicher Nischen. Eine entscheidende Rolle spielte dabei etwa der Lebensraum der Anden: Denn ein Teil der Veränderungen ging mit der Erhebung dieses Gebirges im Laufe der vergangenen 10 Millionen Jahre einher, berichten die Forscher im Fachblatt „Current Biology“. Zudem legen ihre Analysen nahe: Die rasche Weiterentwicklung und Auffächerung in weitere Arten ist noch nicht zu Ende, sondern hält an – wenn auch ein wenig langsamer als bisher.

„Kolibris haben sich in ihrer 22 Millionen Jahre andauernden Geschichte eigentlich immer wieder neu erfunden“, sagt Jim McGuire von der University of California in Berkeley. „Eines der wirklich coolen Features der Kolibri-Evolution ist, dass sie alle dasselbe fressen und sich dennoch außerordentlich differenziert haben. Es ist wirklich eine große Überraschung, dass Kolibris die nektarvore Nische so umfangreich erobert haben.“ Die Biologen hatten anhand von Erbgutanalysen von 436 Exemplaren aus 284 Arten den Stammbaum dieser Vögel rekonstruiert.

Sie gehen davon aus, dass sich die Kolibris vor rund 42 Millionen Jahren von den Seglern trennten. Das Alter des jüngsten gemeinsamen Vorfahren aller heute existierenden Kolibris schätzen sie auf 22,4 Millionen Jahre. Für eine Familie mit solch großer Vielfalt sei dies ein bemerkenswert junges Alter, schreiben die Forscher. Ursprünglich stammten die Vorfahren der Kolibris wohl aus Eurasien, nehmen sie an. Erst mit der Besiedlung von Südamerika, die schätzungsweise vor zwischen 40 und 22 Millionen Jahren stattfand, begann vermutlich die – für evolutionäre Verhältnisse – rasche Differenzierung in rund 340 Arten: zunächst dort, später auch in Nordamerika und schließlich vor rund 5 Millionen Jahren auch in der Karibik. „Unsere Ergebnisse legen stark nahe, dass Kolibris immer noch in einem dynamischen Diversifikationsprozess bleiben, vorhandene ökologische und räumliche Nischen quer durch Nord- und Südamerika und die Karibik besetzen“, schreiben McGuire und Kollegen. „Folglich ist die dramatische Auffächerung dieser einzigartigen Vogellinie weit davon entfernt komplett zu sein.“

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