Evolution: Wie Insekten neue Sexuallockstoffe entwickeln

Am Beispiel einer Wespenart konnten deutsche Biologen nachvollziehen, wie sich ein Pheromon verändern kann, ohne die Wirkung beim Empfänger zu stören
Nasonia vitripennis-Wespen bei der Paarung
Nasonia vitripennis-Wespen bei der Paarung
© Elizabeth Cash, Josh Gibson
Bonn - Bei vielen Insekten finden Männchen und Weibchen über Lockstoffe, sogenannte Pheromone, zueinander. Wenn im Lauf der Evolution eine neue Art entsteht, nutzt diese oft auch ein anderes Pheromon. Wie dieser Übergang ablaufen kann, haben deutsche Biologen jetzt am Beispiel der Wespenart Nasonia vitripennis aufgeklärt. Der Sexuallockstoff der männlichen Insekten besteht aus drei Substanzen, während sich sämtliche verwandten Spezies nur mit zwei Bestandteilen begnügen. Die Evolution der zusätzlichen Verbindung war möglich, da sie die Wirkung der beiden anderen nicht störte. Dieser Entwicklungsschritt gab den Weibchen Zeit, Sinneszellen für die Wahrnehmung des neuen Lockstoffs zu entwickeln, schreiben die Forscher im Fachjournal „Nature“.

„Unsere Experimente zeigen, dass die Weibchen neutral reagierten, nachdem sich das neue Pheromon mit dem zusätzlichen Bestandteil entwickelt hatte.“ Die Veränderung sei nur möglich gewesen, weil die Weibchen sie anfangs gar nicht wahrnehmen konnten, erklären Oliver Niehuis vom Zoologischen Forschungsmuseum Alexander König in Bonn und seine Kollegen. Die Evolution eines veränderten Lockstoffs der männlichen Wespen muss also nicht gleichzeitig mit einer entsprechenden Anpassung der Empfangssinnesorgane bei den Weibchen abgelaufen sein.

Die Forscher analysierten die Zusammensetzung des männlichen Pheromons von sämtlichen Wespenarten der Gattung Nasonia und einer weiteren verwandten Art. Bei allen Spezies bestand das Pheromon aus zwei Substanzen – nur Nasonia vitripennis bildete einen zusätzlichen dritten Bestandteil. Daraus schließen die Biologen, dass diese Art ursprünglich ebenfalls nur über den Zwei-Komponenten-Mix verfügte, um die Weibchen anzulocken. Experimente zeigten, dass diese Lockstoffmischung gleichermaßen anziehend auf N. vitripennis-Weibchen und Weibchen einer anderen Nasonia-Art wirkte. Wurde die Mischung durch den dritten Bestandteil ergänzt, reagierten die N. vitripennis-Weibchen allerdings stärker, die anderen dagegen nicht. Die dritte Komponente allein hatte aber auch auf die N. vitripennis-Weibchen keinen anlockenden Effekt.

Offenbar haben diese Weibchen im Lauf der Evolution zwar Sinneszellen entwickelt, die den neuen Pheromonwirkstoff wahrnehmen können. Dieser wirkt aber vorerst nur verstärkend zusammen mit den anderen beiden Substanzen. Die Biologen konnten auch klären, welche genetischen Veränderungen notwendig waren, um den neuen Pheromonbestandteil zu produzieren. Die Ergebnisse erklären, wie neue Pheromonwirkstoffe entstehen können, ohne die bereits bestehende chemische Kommunikation zwischen Männchen und Weibchen zu stören.

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