Erste Indizien: Kosmische Strahlen lassen Wolken wachsen
"Wir meinen, dass dieses Experiment die erste zweifelsfreie Beobachtung eines Ionen-Effekts bei der Bildung von Tröpfchenkeimen in Aerosolen ist", schreiben Henrik Svensmark und seine Kollegen von der Technischen Universität Dänemarks in Kopenhagen. Für die Wolkenbildung in der Erdatmosphäre könnte die Entdeckung eine große Bedeutung haben. Denn die Bildung von Tröpfchen- oder Kondensationskeimen – winzigen Anhäufungen von Wassermolekülen und Staubkörnchen – ist die Voraussetzung für größere Wolken und schließlich für jede Form des Niederschlags. In der Erdatmosphäre dienen vor allem kleine Staubteilchen oder auch die Kondensstreifen der Flugzeuge der heute beobachteten Wolkenbildung in mit Wasser übersättigten Luftschichten.
In einer kleinen Kammer simulierten die Forscher mit einem Gemisch aus Sauerstoff, Stickstoff, Wasserdampf, Schwefeldioxid und Ozon die natürliche Erdatmosphäre. Dieses Aerosol bestrahlten sie mit ultraviolettem Licht und anstelle von kosmischer Strahlung mit sehr schnellen Elektronen. Diese konnten mit einer Energie von 580 Millionen Elektronenvolt von dem Speicherring "Astrid" an der Universität in Aarhus erzeugt werden. Proben aus dieser Versuchskammer zeigten, dass der hochenergetische Elektronenstrahl zu einer signifikant höheren Anzahl der wenige Millionstel Millimeter kleinen Molekülhaufen, so genannter Cluster, führte. Die Erklärung der Forscher: Die schnellen Elektronen ionisierten die Moleküle im künstlichen Luftgemisch. Über elektrostatische Kräfte angezogen, konnten Wassermoleküle leichter zueinander finden, sich zusammenklumpen und die wichtigen Tröpfchenkeime bilden.
Um wirklich sicher zu gehen, dass hochenergetische Strahlung die Bildung von Tröpfchenkeimen unterstützt, wollen die Forscher ihr Experiment in der mit 26 Kubikmetern viel größeren Kammer des Cloud-Experiments am Forschungszentrum Cern bei Genf wiederholen. Hier könnten dann auch größere Keime von bis zu 100 Millionstel Meter Größe analysiert werden. Sollten auch diese Messungen den Keim bildenen Effekt hochenergetischer Strahlung bestätigen, müsste der Einfluss kosmischer Strahlung auf die Wolkenbildung und damit auf das Erdklima neu überdacht werden.