Energie vom Acker: Stroh soll mehrere Millionen Haushalte mit Strom und Wärme versorgen

Analyse zeigt hierzulande großes, ungenutztes Potenzial zusätzlich zur klassischen Strohnutzung für Viehställe und als Dünger
Getreidefelder liefern in Deutschland die weitaus größten Strohmengen, die nachhaltig für eine Wärme- und Stromversorgung genutzt werden könnte.
Getreidefelder liefern in Deutschland die weitaus größten Strohmengen, die nachhaltig für eine Wärme- und Stromversorgung genutzt werden könnte.
© Stefan Michalski/ UFZ
Leipzig - Nach der Getreideernte im Spätsommer fallen in Deutschland jedes Jahr etwa 30 Millionen Tonnen Stroh an. Diese Reststoffe vom Acker bilden eine vielversprechende und bisher wenig genutzte Energiequelle. So könnte Stroh laut einer neuen Analyse deutscher Forscher knapp drei Millionen Haushalte mit Strom und sogar 4,5 Millionen zuverlässig und klimafreundlich mit Wärme versorgen. Über diesen verblüffend hohen Beitrag zur Energieversorgung berichten die Wissenschaftler im Fachblatt „Applied Energy“.

„Getreidestroh ist eine der wichtigsten Agrarrückstände in Deutschland“, schreiben Daniela Thrän vom Umweltforschungszentrum in Leipzig und ihre Kollegen weiterer Agrarinstitute in Jena und Halle. Seit Jahrhunderten wird dieses Stroh für Viehställe und – untergepflügt - als wichtiger Dünger genutzt. Doch eine detaillierte Humusbilanz ergab nun, dass bis zu 13 Millionen Tonnen der gesamten Strohmenge als Energierohstoff verwendet werden könnten ohne zu einem Mangel in Ställen und Böden zu führen.

Für diese Potenzialanalyse hatten Thrän und Kollegen die Entwicklung der in der deutschen Landwirtschaft anfallenden Reststoffe analysiert. Mit 58 Prozent ist Getreidestroh dabei der wichtigste Rohstoff. Von 1950 bis 2000 stiegt die Produktion an Winterweizen, Roggen und Wintergerste innerhalb Deutschlands deutlich an und ist seitdem relativ konstant geblieben. Um Witterungseinflüsse auszuschließen wurde für die Studie der Mittelwert der Jahre 1999, 2003 und 2007 herangezogen. Im Mittel fielen in diesen Jahren rund 30 Megatonnen Getreidestroh pro Jahr an.

Energiepflanzen wie Raps oder Mais werden mittlerweise sehr kritisch gesehen, da sie in Konkurrenz zur Produktion von Nahrungsmitteln stehen. Stroh dagegen gilt als Biomasse der 2. Generation und kann ohne „Tank oder Teller“-Problematik genutzt werden. Die nun vorliegende Studie identifiziert auch die nachhaltigste Verwertungsart der bis zu 13 Millionen Tonnen Stroh. So könnte diese Menge, verfeuert in Heizkraftwerken, bis zu 4,5 Millionen Haushalte mit Wärme versorgen und über eine Kraft-Wärme-Kopplung sogar noch Strom für bis zu drei Millionen Haushalte liefern. Auch flüssige Treibstoffe können aus Stroh gewonnen werden. Doch die aufwendige Biomasseverflüssigung ergibt eine weniger effiziente Energiebilanz als die Verbrennung in Heizkraftwerken.

Auf der Grundlage ihrer Analyse schlagen die Forscher nun vor, die energetische Nutzung von Stroh in Deutschland vor allem in Regionen mit günstigen Konditionen und mit entsprechenden Anlagen auszubauen. So könnte Stroh einen wichtigen Beitrag zur Energiewende leisten. Als Vorbild kann der Nachbarstaat Dänemark gelten, wo pro Jahr mittlerweile bedeutende Wärme- und Strommengen aus Stroh erzeugt werden.

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