Effizienter Stromgenerator für mobile Geräte nutzt Luftballon-Effekt

Neuartiges flaches Design nutzt den tribolektrischen Effekt und eignet sich theoretisch auch für Großanlagen
Mit zwei Schwungmassen, die auch Teilschwingungen verstärken, liefert ein handtellergroßer TEG auch Energie aus menschlichen Bewegungen. Am Rand ist die Struktur der gelben Elektrodenscheibe zu erkennen.
Mit zwei Schwungmassen, die auch Teilschwingungen verstärken, liefert ein handtellergroßer TEG auch Energie aus menschlichen Bewegungen. Am Rand ist die Struktur der gelben Elektrodenscheibe zu erkennen.
© Drs. Guang Zhu and Zhong Lin Wang, Beijing Institute of Nanoenergy and Nanosystems and Georgia Tech
Atlanta (USA) - Wenn Kinder einen Luftballon mit Wolle reiben, ihn dadurch elektrisch aufladen und dann ihre Haare zu Berge stehen lassen, dann nutzen sie den sogenannten triboelektrischen Effekt – sie verschieben elektrische Ladungen. Auf demselben Prinzip haben US-Forscher nun einen überraschend effizienten Stromgenerator entwickelt, der sich mit leichtem Wind oder Wasser aus dem Hahn ebenso betreiben lässt wie mit Körperbewegungen. Dabei ist er deutlich flacher und handlicher als bisherige Stromerzeuger, berichten die Forscher im Fachblatt „Nature Communications“. Er sei auch sehr schlicht und günstig herzustellen und eigne sich nicht nur zum Aufladen von Smartphones und anderer tragbarer Elektronik - sondern theoretisch sogar für die Stromerzeugung im großen Maßstab.

„Unser Generator beruht auf Reibungselektrizität, einem universell anwendbaren Ladungseffekt“, schreiben Zhong Lin Wang vom Georgia Institute of Technology und Kollegen von der Chinese Academy of Sciences. Der übliche Elektrogenerator hingegen beruhe vor allem auf elektromagnetischer Induktion und erfordere große Magnete und Kabelspulen. Je kleiner man diese mache, um Platz zu sparen, desto schlechter werde aber auch die Stromausbeute. Wangs neuer Triboelektrischer Generator (TEG) ist hingegen flach und nur so groß wie eine Untertasse. Der Prototyp lieferte eine Effizienz von 24 Prozent, was im Vergleich zu bisherigen Versuchen einen deutlichen Sprung darstellt.

Das Geheimnis des Erfolges liegt im Design des Generators: Sein Herzstück besteht aus vier flachen übereinander liegenden Scheiben, durch deren Mitte eine gemeinsame Drehachse führt. Die unteren drei bilden gemeinsam den Stator, die feste Unterlage: Auf einer Acrylschicht liegt eine Goldscheibe mit geschickt angeordneten Elektroden unter einer Kunststoffschicht aus Perfluorethylenpropylen-Copolymer (FEP). Darüber sitzt drehbar der Rotor des Generators, eine Kupferscheibe, die passend zur Elektrodenscheibe strukturiert ist. Beide sind in 120 radial nach außen laufende schmale „Tortenstücke“ geschnitten. Beim Kupfer-Rotor ist jedes zweite Stück entfernt, so dass ein 60-fingriger Strahlenkranz übrig bleibt. Beim Stator hingegen ergeben die Schnittlinien zwei 60-fach ineinander greifende Elektroden. Wenn sich die Rotorscheibe also dreht, fahren deren Strahlfinger immer abwechselnd über Elektrode A und B hinweg. Dieser im Prinzip zweidimensionale Aufbau ist mit herkömmlichen Schnitt- oder Ätzmethoden einfach herzustellen und im Einsatz robust und wenig störanfällig.

Elektrischer Strom wird nun generiert, indem die Rotorfinger abwechselnd über die Elektrodenfinger von A und B streichen. Durch den direkten Kontakt und unterschiedliche Elektronenaffinität der Materialien wandern Elektronen. Es entstehen elektrostatische Ladungen, die bei geschlossenem Stromkreis abfließen können. Auf diese Weise erzeugte der Generator einen konstanten Wechselstrom: Bei 3.000 Umdrehungen pro Minute und zehn Zentimetern Durchmesser gelangen dem System Spannungsspitzen von bis zu 850 Volt und ein Stromfluss von rund 3 Milliampere. Bis zu 1,5 Watt lieferte der Prototyp dabei und ließ Felder von Leuchtdioden hell strahlen. Mit einer passenden Adapterschaltung versorgten die Forscher auch eine elektrische Uhr und ein Mobiltelefon mit Strom. Ein zweiter, kleinerer Prototyp mit besonders dünnen Materialschichten lieferte eine vergleichbare Energieausbeute, obwohl der gesamte Generator nur 75 Mikrometer dick war und 1,1 Gramm wog – soviel wie eine Gänsefeder.

Das neuartige System punktet nicht nur mit deutlich höherer Ausbeute als traditionelle Stromgeneratoren, sondern auch mit kleiner und leichter Bauform. Auf diese Weise könnte es künftig tragbare Elektronik mit Strom versorgen – Smartphones ebenso wie etwa Diabetespumpen –, indem es die Bewegung des Körpers in elektrische Energie umwandelt. Dazu versahen Wang und Kollegen ihre Rotorplatte einfach mit zwei Schwungmassen, die jede Schwingung noch verstärken – komplette Umdrehungen des Rotors sind für den Effekt nicht nötig, auch Teilschwingungen genügen. Doch auch Wind- und Wasserkraft können schon bei niedriger Intensität ein brauchbares Energielevel liefern, erwartet das Team. Und der TEG lasse sich recht einfach an bestehende Drehsysteme angliedern, so etwa in eine Scheibenbremse bei Autos oder rotierende Wellen im Getriebe. Aus biologisch verträglichen Materialien eigne er sich auch für den Einsatz rund um die Haut oder für autarke Sensoren in empfindlichen Ökosystemen.

Auf der anderen Seite lassen sich Struktur und Herstellungsprozess vermutlich auch auf den Maßstab kleiner Wind- oder Wasserkraftwerke vergrößern, so dass sogar großangelegte Energieerzeugung möglich sein dürfte. Entsprechende Studien stehen allerdings noch aus. In allen Varianten gilt jedenfalls, dass durch den Aufbau in Scheiben nur kleine Mengen von leicht verfügbarem Material benötigt werden, schreiben Wang und Kollegen: „So ist der TEG extrem kosteneffektiv, im Vergleich zu anderen Energieerzeugungsmethoden ein unvergleichlicher Vorteil.“

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