E-Zigarette: Weder gesündere Alternative noch geeignet zur Nikotinentwöhnung

„Obwohl E-Zigaretten häufig als ein Mittel zur Rauchentwöhnung beworben und genutzt werden, konnten wir keine Daten finden, die ihre Langzeit-Wirksamkeit und -Sicherheit belegen”, sagte Riyad al-Lehebi von der University of Toronto. Bedenke man die möglichen Gesundheitsrisiken von E-Zigaretten, solle, wer Hilfe bei der Entwöhnung sucht, lieber andere Möglichkeiten in Betracht ziehen, die sich bereits bewährt haben. Die Forscher hatten in ihre Analysen die Ergebnisse aus mehr als zwanzig Studien einbezogen, die Effizienz und Sicherheit von E-Zigaretten bei der Nikotinentwöhnung geprüft hatten. Kurzfristig konnten die Dampfer zwar erfolgreich unterstützen, diese Wirkung hielt aber nicht lange an. Außerdem kam es bei dem Genuss von E-Zigaretten deutlich häufiger zu Nebenwirkungen wie Reizhusten, Kurzatmigkeit oder Irritationsgefühlen im Rachenraum als bei der Entwöhnung mit Nikotinpflastern.
„Während sich gezeigt hat, dass E-Zigaretten die Abstinenz nach einem Monat im Vergleich zu einem Placebo merklich verbessern, gibt es keine Beweise, die ihre Wirksamkeit für längere Zeiträume stützen”, erläuterte Riyad al-Lehebi. Bis solche Daten vorhanden sind, stünden eine Reihe anderer Methoden zur Rauchentwöhnung zur Verfügung, für deren Wirksamkeit und Sicherheit es zuverlässige Belege gebe.
Eine Studie, die deutsche Mediziner jetzt in Berlin vorstellten, weckt darüber hinaus deutliche Zweifel an der Harmlosigkeit von E-Zigaretten. Gemeinsam mit Kollegen aus München und Mainz hatten die Forscher von der Göttinger Uni-Klinik für Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde mit Hilfe von Zellkulturen erstmals untersucht, welche Wirkung die in E-Zigaretten verdampften aromatisierten Flüssigkeiten, sogenannte Liquids, auf die Mundschleimhaut haben. Dazu setzten sie gesunde Zellen aus Mund- und Rachenraum über fünf Tage hinweg für jeweils zwei Stunden Liquids unterschiedlicher Geschmacksrichtungen aus. Dann prüften sie, wie viele Zellen am Leben geblieben waren und ob einzelne Zellen Schäden am Erbgut davongetragen hatten.
„Für jedes getestete Liquid wurde eine eindeutige Minderung der Zellvitalität und eine Zunahme der DNA-Schädigungen gefunden“, sagt Martin Canis von der Klinik für Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde der Universität Göttingen. Dabei waren mit Fruchtaromen versetzte Flüssigkeiten noch bedenklicher als solche mit Tabakaromen. Die Studienergebnisse belegen laut Canis zwar nicht hinreichend, dass E-Zigaretten Krebs auslösen. Sie seien jedoch ein erster Hinweis, der einer weiteren Klärung bedürfe. „Die Auswirkungen mögen deutlich geringer sein als bei gerauchten Zigaretten“, sagt der HNO-Experte. „Dennoch stellen die Ergebnisse die Unbedenklichkeit des Konsums von E-Zigaretten klar in Frage“.
Grade Jugendliche greifen gerne zur scheinbar harmlosen E-Zigarette. Das Dampfen wird häufig als unbedenklichere Alternative zum Rauchen herkömmlicher Zigaretten dargestellt. Die Begründung: Die elektrischen Geräte verbrennen keinen Tabak und somit können die typischen krebserregenden Substanzen nicht entstehen. Auch gelten die verwendeten Flüssigkeiten als harmlos. Die Sache hat allerdings einen Haken. Zwar sind die enthaltenen Zusatzstoffe wie Propylenglycol und Glycerin für Lebensmittel zugelassen, aber in den E-Zigaretten werden sie nicht gegessen, sondern verdampft und inhaliert. „Die Unbedenklichkeit gilt allerdings nur für Nahrungsmittel, die zum Verzehr gedacht sind“, wendet Martin Canis ein. Die Inhalation der Dämpfe umfasse dies nicht. „Durch die Erhitzung können neue chemische Substanzen entstehen“, sagt der Experte. „Außerdem enthalten die Liquids neben den Trägersubstanzen häufig noch Aromen wie Schokolade, Frucht oder Kaffee, die den Geschmack verbessern sollen und ebenfalls eingeatmet werden.“
Auch zur Tabakentwöhnung hält Canis E-Zigaretten wenig geeignet. Schließlich mache der Wirkstoff Nikotin in den E-Zigaretten genauso wie bei herkömmlichen Zigaretten süchtig. Außerdem könnten die E-Zigaretten über einen deutlich längeren Zeitraum als herkömmliche Zigaretten am Stück konsumiert werden. Wer sich von der Sucht befreien wolle, sollte auf die etablierten Mittel wie Nikotin-Kaugummis oder Pflaster zurückgreifen, so der Experte. Er begrüßt die geplante Novellierung des Jugendschutzgesetzes, die den Verkauf von E-Zigaretten an Kinder und Jugendliche verbieten und damit auch deren Konsum verhindern will.
Pressemeldung der Deutschen Gesellschaft für Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde, Kopf- und Hals-Chirurgie e.V.