Drogenmissbrauch schädigt Frauenhirn mehr als Männerhirn

Bei weiblichen Ex-Drogenabhängigen ist das Volumen der Grauen Substanz in einigen Hirnbereichen deutlich verringert – bei Männern ist dies nicht der Fall
Das weibliche Hirn leidet stärker unter dem Konsum harter Drogen als das männliche.
Das weibliche Hirn leidet stärker unter dem Konsum harter Drogen als das männliche.
© Shutterstock, Bild 94993600
Denver (USA) - Der Konsum harter Drogen wie Kokain oder Methamphetaminen nimmt das weibliche Gehirn offenbar deutlich mehr mit als das männliche - das männliche scheint nämlich kaum sichtbare Schäden davonzutragen. Bei Frauen, die nach jahrelangem Drogenmissbrauch für ein gutes Jahr clean waren, ist das Volumen der Grauen Substanz im Vergleich zu gesunden Frauen deutlich geschrumpft. Betroffen waren unter anderem Hirnregionen, die beispielsweise mit Impulsivität und dem Streben nach Belohnung zu tun haben. In der Folge veränderte sich auch das Verhalten. Bei Männern war ein solcher Unterschied dagegen nicht zu beobachten, berichten US-Mediziner im Fachblatt „Radiology”. Der Hintergrund für diese beobachteten Zusammenhänge könnte sein, dass Sucht und Abhängigkeit bei Frauen tendenziell anders verlaufen als bei Männern.

„Verglichen mit Männern neigen Frauen dazu, in einem früheren Alter mit dem Konsum von Kokain oder Amphetaminen anzufangen”, erläutert Jody Tanabe, von der University of Colorado Denver School of Medicine. Außerdem würde bei ihnen der Drogenkonsum schneller eskalieren, sie hätten größere Schwierigkeiten damit aufzuhören und würden höhere Mengen dieser Drogen nehmen. Für ihre Analysen hatten Tanabe und ihre Kollegen Kernspinuntersuchungen der Gehirne von 59 ehemals Drogensüchtigen und 68 Gesunden miteinander verglichen. In beiden Gruppen waren 28 Frauen. „Wir wollten ganz speziell ermitteln, wie Effekte auf das Gehirn bei den Geschlechtern variieren”, so Tanabe. Im Schnitt waren die Ex-Drogenkonsumenten über einen Zeitraum von knapp 16 Jahren abhängig von Kokain, Amphetaminen wie Speed und/oder Methamphetaminen wie Crystal Meth gewesen und seit gut 13 Monaten clean.

Die Kernspinaufnahmen ehemals abhängiger Frauen zeigten, verglichen mit Frauen, die keine Drogengeschichte hinter sich hatten, ein deutlich geringeres Volumen der Grauen Substanz im Bereich von Stirn- und Temporallappen und limbischem System sowie im unteren Bereich des Scheitellappens. Diese Areale sind zum Beispiel wichtig für das Verarbeiten von Emotionen, das Treffen von Entscheidungen, für das Bewerten von Belohnungen und das Bilden von Gewohnheiten. Die beobachteten Hirnveränderungen gingen zudem mit Verhaltensänderungen einher: Das verringerte Volumen Grauer Substanz bei Frauen, die abhängig waren, war verbunden mit mehr Impulsivität, einer erhöhten Erwartung von Belohnungen und auch mit massiverem Drogenmissbrauch. Bei Männern fanden die Mediziner dagegen keine derartigen Unterschiede zwischen den beiden Gruppen. „Wir hoffen”, so Tanabe, „dass unsere Ergebnisse zu weiteren Untersuchungen von Geschlechtsunterschieden bei Drogenmissbrauch führen werden und damit auch zu effektiveren Therapien.”

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Quelle: „Sex Differences in Gray Matter Changes and Brain-Behavior Relationships in Patients with Stimulant Dependence”, Jody Tanabe et al.; Radiology, Online-Vorabpublikation


 

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