Doppelwirkung: AIDS-Medikament wirkt auch gegen Staphylokokken

Ein bereits zugelassener Hemmstoff gegen HI-Viren blockiert dieselbe Bindungsstelle, die auch ein bakterielles Toxin zum Abtöten von Immunzellen benötigt
Elektronenmikroskopische Aufnahme von Staphylococcus aureus
Elektronenmikroskopische Aufnahme von Staphylococcus aureus
© Eric Erbe, Christopher Pooley (United States Department of Agriculture) / gemeinfrei
New York (USA) - Es war nicht gerade naheliegend, ein AIDS-Medikament darauf zu testen, ob es auch gegen eine Staphylokokken-Infektion wirksam ist. Der Zufall spielte bei dieser Entdeckung eine große Rolle. Amerikanische Mikrobiologen wollten untersuchen, wie es Staphylococcus aureus-Bakterien gelingt, mit Hilfe eines Toxins Immunzellen zu töten. Von AIDS-Forschern aus dem Nachbarlabor erhielten sie für ihre Tests Zellkulturen unterschiedlicher Typen menschlicher Immunzellen. Darunter waren auch solche, in die HI-Viren besonders gut oder aber gar nicht eindringen konnten. Überraschenderweise konnte eines der Bakterientoxine nur solche Zellen zerstören, die ein bestimmtes Oberflächenprotein besaßen, das auch die Viren als Andockstelle benötigen. Ein daraufhin getestetes Medikament, das diese Bindungsstelle blockiert, verhinderte auch die tödliche Wirkung des Toxins, berichten die Wissenschaftler online im Fachjournal „Nature“.

“Eine Blockade des Toxins durch Maraviroc oder ähnliche Medikamente könnte das Immunsystem dabei unterstützen, eine Staphylokokken-Infektion besser zu kontrollieren“, sagt Victor Torres von der New York University. Einige Typen von Staphylococcus aureus können lebensbedrohliche Infektionen auslösen, wenn sie in das Innere des Körpers gelangen. Dabei setzen sie sogenannte Leukotoxine frei, die sich zunächst an Rezeptorproteine von bestimmten Immunzellen anlagern und dann die Zellhülle durchlöchern. Durch das Abtöten dieser Zellen schwächen die Bakterien die Immunabwehr und ermöglichen ihre Vermehrung. Torres und seine Kollegen wollten nun die Andockstellen der Leukotoxine identifizieren.

Experimente mit Zellkulturen ergaben, dass das Toxin LukED nur solche Zellen zerstören konnte, die an ihrer Oberfläche das Rezeptorprotein CCR5 bildeten. Das ist auch einer der Rezeptoren, die HI-Viren nutzen, um in ihre Wirtszellen einzudringen. Normalerweise hat das Protein CCR5 die Funktion, spezielle Botenstoffe zu binden, die Reaktionen im Zellinnern auslösen. Unter den Medikamenten für HIV-Infizierte gibt es auch solche, die den CCR5-Rezeptor blockieren und so das Andocken der Viren verhindern. So konnten die Forscher mit dem bereits zugelassenen Mittel Maraviroc Immunzellen vor der tödlichen Wirkung des Leukotoxins schützen. Dazu genügte eine ähnliche Dosis, wie sie auch gegen HI-Viren eingesetzt wird.

Schließlich bestätigten Tierversuche die Bedeutung des CCR5-Rezeptors für den Verlauf einer Staphylokokken-Infektion: Genetisch veränderte Mäuse, die dieses Protein nicht mehr bilden konnten, überlebten eine Infektion mit den toxinbildenden Bakterien, während fast alle normalen Mäuse starben. Klinische Studien sollen nun prüfen, wie wirksam der Einsatz von Maraviroc und anderer CCR5-Hemmer bei einer schweren Infektion mit Staphylococcus aureus ist.

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