Die unerwarteten Vorteile von Krach und Lärm gegenüber Ruhe und Frieden

Vögel reagieren unterschiedlich auf Lärmbelästigung - während manche die Stille suchen, nutzen andere den Schutz lauter Geräusche
Boulder (USA) - Lärmbelästigung geht auch an Vögeln nicht spurlos vorüber und viele ergreifen die Flucht, wenn es zu laut wird, um sich ein ruhigeres Plätzchen zu suchen. Doch amerikanische Biologen sind nun auf teils unerwartete Ergebnisse gestoßen, als sie in einer umfangreichen Studie untersuchten, wie unterschiedliche Vogelspezies auf Lärm reagieren: Während die meisten laute Geräusche tatsächlich meiden und sie anderen schlicht gleichgültig zu sein scheinen, suchen einige wenige Arten den Lärm sogar und ziehen ihren Nutzen aus dem Krach. Die laute Wohnlage schützt sie offenbar vor weniger lärmtoleranten Räubern, was ihren Fortpflanzungserfolg erhöht, berichten die Forscher im Fachblatt "Current Biology".

"Lärmverschmutzung ist ein übersehenes Umweltproblem, das nun unter Berücksichtigung des Lärmeinflusses auf das menschliche Wohlbefinden sowie auf die Tierwelt Aufmerksamkeit erlangt", erläutert Clinton Francis von der University of Colorado in Boulder. Francis und Kollegen hatten die Vogelwelt in der Nähe fernab jeglicher Zivilisation gelegener Gasquellen im Südwesten von Colorado und Nordwesten New Mexikos beobachtet. "Zahlreiche Gasbrunnen sind mit lärmverursachenden Kompressoren gekoppelt, die bei Gewinnung und Transport des Gases durch die Pipelines helfen", erklärt Francis. Andere Gasbrunnen kommen dagegen ohne die lauten Kompressoren aus, sind aber in allen anderen Aspekten ähnlich. Für die unmittelbaren Beobachtungen konnten die Forscher die Lärmquelle Kompressor außerdem abschalten, so dass für die Erfassung der Vogelarten identische Bedingungen vorherrschten.

Viele Arten vermeiden es tatsächlich gezielt, in lauten Gegenden zu nisten, und manche bleiben vom Krach offenbar unbeeinflusst, beobachteten die Biologen. Zwei Arten aber - der Schwarzkinnkolibri (Archilochus alexandri) und der Hausgimpel (Carpodacus mexicanus) - bauen ihr Nest sogar bevorzugt mitten im Getöse. Mit dieser Wahl erhöhen sie ihren Reproduktionserfolg, denn ein häufiger Räuber, der Westliche Buschhäher (Aphelocoma californica), scheint diese laute Wohnlage zu meiden.

Vom Menschen verursachter Lärm kann demnach weit komplexeren Einfluss auf die Tierwelt ausüben als auf den ersten Blick ersichtlich. In Anbetracht dessen, dass Lärmverschmutzung immer mehr zunimmt, ist das Wissen darum, wie diverse Arten auf den Lärm reagieren und wie sich die angehäuften Effekte der Geräuschkulissen auswirken, zentral für das Verständnis und den Umgang mit vom Menschen veränderten Landschaften.

(c) Wissenschaft aktuell
Quelle: "Report: Noise Pollution Changes Avian Communities and Species Interactions", et al.; Current Biology (Vol. 19. DOI 10.1016/j.cub.2009.06.052)


 

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