Die komplexe Sprache der Schwarzstirn-Springaffen
„Dies ist der erste Beweis für ein Alarmrufsystem auf der Basis von Tonfolgen bei einem Tier, das die Fähigkeit hat, beides zu verschlüsseln, Ort und Art der Bedrohung durch einen Räuber“, schreiben Richard W. Byrne von der University of St Andrews und seine Kollegen. In einem Naturschutzgebiet hatten die Biologen fünf Gruppen von Schwarzstirn-Springaffen (Callicebus nigrifrons) beobachtet. Als Beispiele für das Verhalten bei einer Bedrohung durch Räuber dienten ihnen dabei eine Raubkatze und ein Raubvogel - die Tigerkatze (Leopardus tigrinus) und der Schopfkarakara (Caracara plancus). Dabei analysierten die Forscher die Rufe der Primaten bei unterschiedlichen Bedingungen.
Sie stellten fest: Schwarzstirn-Springaffen erzeugen spezielle Ruf-Folgen, die eine Information über die Art des Räubers und seine Position enthalten. A-Folgen traten dabei hauptsächlich auf, wenn ein Raubvogel in der Nähe war, B-Folgen bei der Raubkatze. War der Raubvogel dabei auf dem Boden, streuten die Tiere auch B-Rufe in die A-Folge ein. Umgekehrt wurde die B-Folge durch einzelne A-Rufe durchbrochen, wenn die Katze im Blätterdach zugegen war. Ein für den jeweiligen Räuber untypischer Ort wurde also dadurch angezeigt, dass die eigentliche Rufsequenz durch Kombination mit einer anderen Sequenz leicht abgeändert wurde. Insgesamt codierten die Primaten also nicht, nur welcher Räuber lauerte, sondern auch wo.
Dass viele Tiere Alarmrufe haben, die bereits Informationen über Art, Größe, Entfernung, Gefährlichkeit oder Position des Angreifers enthalten, ist Biologen seit langem bekannt. Das System der Schwarzstirn-Springaffen erlaubt aber, gleichzeitig Informationen über zwei Parameter zu übermitteln, und ist damit bemerkenswert vielseitig.