Diabetesmittel fördert Wachstum von Hirnzellen

Die neu entdeckte Wirkung von Metformin könnte auch Alzheimer-Symptome lindern
Neurale Stammzellen befinden sich unter anderem in der Gehirnregion des Hippocampus.
Neurale Stammzellen befinden sich unter anderem in der Gehirnregion des Hippocampus.
© Abbildung aus Gray's Anatomy (1918), koloriert
Toronto (Kanada) - Das Diabetesmittel Metformin aktiviert einen Reaktionsweg in Leberzellen, der den Zuckerstoffwechsel normalisiert. Jetzt konnten kanadische Forscher zeigen, dass der gleiche Reaktionsweg auch in Stammzellen des Gehirns aktiv sein muss, wenn sich daraus neue Hirnzellen bilden sollen. Tatsächlich verstärkte sich unter dem Einfluss von Metformin das Wachstum neuer Nervenzellen im Gehirn von Mäusen. Die so behandelten Tiere zeigten zudem bessere Orientierungsleistungen in Labyrinthversuchen, berichten die Wissenschaftler im Fachblatt „Cell Stem Cell“. Sie halten es für möglich, dass Metformin auch Symptome der Alzheimer-Demenz lindern könnte, indem es Stammzellen dazu anregt, abgestorbene Hirnzellen zu ersetzen.

Zunächst sollte geprüft werden, ob Metformin jenen helfen könnte, die Hirnschäden durch eine Verletzung oder eine Strahlentherapie erlitten haben, sagt Freda Miller von der University of Toronto, die Leiterin des Forscherteams. Ziel sei es, die natürlicherweise nur schwache Regenerationsfähigkeit des Hirngewebes durch ein Medikament zu verstärken. Bisher hat man stattdessen versucht, Stammzellen zu transplantieren oder die vorhandenen Stammzellen durch Wachstumsfaktoren anzuregen. Gegen diese therapeutischen Ansätze sprechen aber – abgesehen von der geringen Erfolgsrate – Sicherheitsbedenken, die für das schon seit längerem zugelassene Medikament Metformin nicht bestehen. Metformin aktiviert den sogenannten PKC-CBP-Reaktionsweg, indem es bestimmte Gene einschaltet, die eine Kette biochemischer Reaktionen in der Zelle auslösen. Diese bewirken bei den Stammzellen im Gehirn eine Umwandlung in reife, funktionsfähige Nervenzellen.

Das konnten die Forscher sowohl mit Kulturen menschlicher Zellen als auch in Experimenten mit Mäusen nachweisen. Bei den Mäusen bildeten sich insbesondere neue Hirnzellen im Hippocampus. Aus der verbesserten Lernleistung der Tiere in Labyrinth-Tests lässt sich schließen, dass die neuen Nervenzellen die Hirnfunktion verbessert haben. Noch ist nicht untersucht, ob bei Diabetespatienten, die mit Metformin behandelt werden, ein verstärktes Wachstum von Hirnzellen stattfindet. Es gibt aber bereits Hinweise darauf, dass das Medikament Symptome der Alzheimer-Demenz lindern könnte. Dieser Effekt wurde bisher auf den verbesserten Zuckerstoffwechsel zurückgeführt, er könnte jedoch auch auf einer verstärkten Regeneration von abgestorbenem Hirngewebe im Hippocampus beruhen.

© Wissenschaft aktuell
Quelle: „Metformin activates an atypical PKC-CBP pathway to promote neurogenesis and enhance spatial memory formation“, Jing Wang et al.; Cell Stem Cell, DOI: 10.1016/j.stem.2012.03.016


 

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