Der nackte Affe: Haarverlust ermöglichte Dauerlauf bei der Jagd

Neue Berechnungen der Wärmeregulation bestätigen, dass der Mensch sein Fell verlieren musste, um trotz Hitze ausdauernd laufen zu können
Homo sapiens: Reste des Körperfells haben sich erhalten
Homo sapiens: Reste des Körperfells haben sich erhalten
© Eduardo Mendes
Liverpool (Großbritannien) - Die spärliche Körperbehaarung und der aufrechte Gang sind die auffallendsten äußeren Merkmale des Menschen. Verschiedene Theorien versuchen zu erklären, wie sich diese Merkmale entwickelt haben. Britische Biologen überprüften jetzt die Annahme, wonach der Vorteil des Haarverlustes darin bestand, die Körperkühlung über verstärktes Schwitzen zu verbessern. In ihrem Computermodell gingen sie davon aus, dass unsere Vorfahren irgendwann zu ausdauernden Langstreckenläufern wurden, die ihre Jagdbeute zu Tode hetzten. Berechnungen der Wärmeregulation des Körpers ergaben, dass die dazu nötige Laufleistung im heißen Klima Afrikas erst dann möglich war, als aus dem behaarten der nackte Affe wurde. Das könnte frühestens auf Homo erectus zutreffen, nicht aber auf noch ältere Vorfahren des Homo sapiens, schreiben die Forscher im "Journal of Human Evolution".

"Unser neues Modell erlaubt die Überprüfung der Theorie, dass sich der Körper der frühen Menschen daran angepasst hat, bei hohen Tagestemperaturen große Entfernungen im Dauerlauf zurückzulegen", sagt David Wilkinson von der Liverpool John Moores University. Dieser Vorstellung zufolge erschwert ein dichtes Körperfell die Wärmeabgabe durch Schwitzen. Eine solche Form der Kühlung sei aber notwendig, um eine Laufleistung von etwa elf Kilometern pro Stunde über einen längeren Zeitraum zu ermöglichen. Wilkinson und Graeme Ruxton von der University of Glasgow berücksichtigten in ihrer Computersimulation erstmals auch die durch das Laufen erzeugte Körperwärme. Außerdem konnten sie neuere Daten über den Körperbau der frühen Menschen nutzen, die in älteren Modellrechnungen noch nicht zur Verfügung standen.

Die Forscher bestätigten die Annahme, dass die Vormenschen ihr Fell verlieren mussten, um eine Überhitzung bei starker körperlicher Belastung zu verhindern. Andernfalls hätten sie in der schattenarmen Savanne die mit dem Dauerlauf verbundene Jagd nicht ausüben können. Dabei gehen die Biologen von einer Jagdtechnik aus, die darauf beruhte, dass Beutetiere ohne Pause gehetzt werden. Da die Tiere während des Laufens weder ausreichend schwitzen noch hecheln können, werden sie schließlich - durch Überhitzung erschöpft - zum Opfer der Jäger. Noch ist aber unklar, wie die Menschen den starken Wasserverlust bei der mehrstündigen Jagd überstehen konnten. Die Forscher halten es für wahrscheinlich, dass sie tragbare Wasserbehälter bei sich trugen. Ob Homo erectus ein solches Hilfsmittel herstellen konnte, ist zweifelhaft. Eine weitere Voraussetzung für den Dauerlauf ist ein entsprechend angepasster Körperbau. Die Länge der Beine und andere anatomische Merkmale weisen darauf hin, dass keine Menschenart vor Homo erectus zu jagdtauglichen Laufleistungen fähig war. Interessant wäre es auch, etwas über die Körperbehaarung von Homo erectus zu wissen. Darüber liefern bisherige Fossilien aber keine Auskunft.

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Quelle: "Thermoregulation and endurance running in extinct hominins: Wheeler’s models revisited", Graeme D. Ruxton, David M. Wilkinson, Journal of Human Evolution, doi: 10.1016/j.jhevol.2011.02.012


 

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