Der Weltraum-Kühlschrank: Kühlen mit der Kälte des Alls

Speziell isolierter Aufbau strahlt Wärmestrahlung durch die Atmosphäre in den Weltraum ab – Kühleffekt von bis zu 42 Grad erreichbar
Aufbau des Weltraum-Kühlschranks aus Stanford
Aufbau des Weltraum-Kühlschranks aus Stanford
© Zhen Chen et al. Stanford University
Stanford (USA) - Jeder Kühlschrank und jede Klimaanlage ist auch eine kleine Heizung. Denn die aus einem Innenraum abgeführte Wärme wird über den Kühlkreislauf nach außen abgegeben. Diese Wärme muss aber nicht zwangsläufig die Küche oder die Luft einer Stadt im Sommer aufheizen. Mit einem speziellen Aufbau kann die Wärme auch direkt durch die Atmosphäre in den minus 270 Grad kalten Weltraum transportiert werden. Kalifornische Wissenschaftler konstruierten nun den Prototyp eines solchen Weltraum-Kühlschranks. In der Fachzeitschrift „Nature Communications“ beschreiben sie detailliert den Aufbau und potenzielle Anwendungen etwa zur Gebäudeklimatisierung in heißen, möglichst wolkenlosen Regionen.

„Ein solcher Kühler muss thermisch von allem entkoppelt werden außer vom Weltraum“, sagt Zhen Chen von der Stanford University. Dann kann die Wärme durch die Atmosphäre der Erde, die für Wärmestrahlung zwischen 8 und 13 Mikrometer Wellenlänge durchlässig ist, bis ins All abgegeben werden. Zusammen mit seinen Kollegen konstruierte Chen einen Weltraum-Kühler, der auf einer guten Isolierung und einem selektiv für Wärmestrahlung durchlässigen Material basiert. In ersten Versuchen erzielten die Forscher einen verblüffenden Kühleffekt mit Temperaturen von bis zu 42 Grad unter der Umgebungstemperatur.

Für ihr Experiment griffen Chen und Kollegen zu einem etwa zehn Zentimeter durchmessenden Edelstahlzylinder. In diesem montierten sie zehn stark reflektierende Schichten, um möglichst viel Licht und Wärmestrahlung abzuschirmen. Danach pumpten sie die Luft aus dem Zylinder, damit dank des Vakuums keine Wärme über Konvektion in den Kühlbereich gelangen kann. Wichtigstes Bauteil war jedoch ein Deckel aus Zinkselenid, durch den Wärmestrahlung zwischen acht und 13 Mikrometer Wellenlänge entsprechend des Infrarot-Fensters der Atmosphäre abgegeben werden konnte. Um diesen Weltraum-Kühlschrank bauten die Forscher noch mehrere Blenden auf, die den Einfall von Sonnenlicht minimierten.

Aufgestellt auf dem Dach ihres Instituts ermittelte Chen den Kühleffekt ihres Prototyps über 24 Stunden. Bei wolkenlosem Himmel sank die Temperatur im Innern des Zylinders durchschnittlich um 37,4 Grad im Vergleich zur Umgebungstemperatur. Während des wärmeren Tages betrug die größte Temperaturdifferenz sogar 42,2 Grad; bei 16 Grad Außentemperatur kühlte das Innere des Systems also auf minus 26 Grad ab. In früheren Versuchen erreichten einfacher aufgebaute Kühlsysteme tagsüber nur eine etwa fünf Grad geringere Temperatur. Ein theoretisches Modell des Weltraum-Kühlers zeigte, dass im Idealfall maximal sogar eine Temperaturdifferenz von bis zu 60 Grad erreicht werden könnte.

Mit diesem Prototyp ließ sich ein kleiner Bereich etwas von der Größe einer Espressotasse über den ganzen Tag dank der thermischen Kopplung mit dem Weltraum effizient auf weit unter den Gefrierpunkt kühlen. Für technische Anwendungen oder gar zur Kühlung ganzer Räume müssten solche Kühlsysteme allerdings deutlich größer dimensioniert werden. Dies halten die Forscher derzeit unter anderem wegen der hohen Kosten für das Zinkselenid-Fenster für wenig sinnvoll. Doch mit neuen, günstigeren Materialien wäre eine Entwicklung wirtschaftlicher Kühlsysteme prinzipiell möglich. Diese photonische Kühlung über Abstrahlung könnte sogar bei effizienter Isolierung ohne Stromanschluss in ländlichen Regionen genutzt werden.

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