Den Methusalem-Genen auf der Spur

Erbgutanalysen bei Über-Hundertjährigen sollen das Geheimnis eines langen Lebens lüften
Erstrebenswertes Ziel: Gesundheit bis ins hohe Alter
Erstrebenswertes Ziel: Gesundheit bis ins hohe Alter
© Martinhampl
Boston (USA) - Neben Umwelteinflüssen und der Lebensweise entscheiden die Gene über die Lebensdauer des Menschen. Amerikanische Forscher haben jetzt das Erbgut eines über 114 Jahre alten Mannes und einer ebenso alten Frau analysiert. Sie wollen nun die genetischen Merkmale finden, die ein so langes Leben ermöglicht haben. Zwar waren in beiden Fällen veränderte Gene, die das Risiko für bestimmte Krankheiten erhöhen, in ähnlich hoher Zahl vorhanden wie im Erbgut anderer Menschen. Aber die Wissenschaftler entdeckten einige ungewöhnliche Varianten von Genen, die eine Langlebigkeit begünstigen könnten. Möglicherweise wirken sich diese „guten“ Gene so stark aus, dass sie die negativen Folgen der ebenfalls vorhandenen „schlechten“ Gene abmildern, schreiben die Forscher im Fachjournal „Frontiers in Genetics”.

„Bis kurz vor seinem Tod war sein geistiger und körperlicher Zustand phänomenal“, sagt der Leiter des Forscherteams Thomas Perls von der Boston University über den ersten mehr als 110 Jahre alten Mann, dessen Erbgut vollständig entziffert wurde. (Das exakte Alter wird nicht mitgeteilt, um seine Identifizierung zu erschweren.) Erstaunlicherweise ließen sich in den Genen des Methusalems zahlreiche Veränderungen nachweisen, die mit erhöhten Krankheitsrisiken verbunden sind. So fanden die Wissenschaftler 37 Mutationen, die das Darmkrebsrisiko erhöhen. Tatsächlich war der Mann an dieser Krebsform erkrankt, wurde aber durch eine Operation geheilt. Das zweite analysierte Erbgut stammte von einer Frau in ähnlich hohem Alter. Darin fanden sich mehrere genetische Merkmale, die auf eine erhöhte Anfälligkeit für Alzheimer, Krebs und Herzkrankheiten hinwiesen. Sie litt zwar an einer Herzschwäche und einer leichten Gedächtnisstörung, die sich aber beide erst nach ihrem 108. Geburtstag bemerkbar machten.

In beiden Fällen konnten die Forscher im Erbgut aber auch veränderte Abschnitte in mehr als 50 Genen nachweisen, die wahrscheinlich vor altersbedingten Krankheiten schützen. Welche dieser Genvarianten dabei von ausschlaggebender Bedeutung sind, müssen Genanalysen weiterer alter Menschen erst noch zeigen. Ein Vergleich mit anderen noch nicht abgeschlossenen Untersuchungen ließ keine auffälligen Gemeinsamkeiten in den Genen von Über-Hundertjährigen erkennen. Daher ist anzunehmen, dass es ganz verschiedene genetische Ausstattungen mit lebensverlängernder Wirkung geben dürfte.

In den Industrieländern erreicht nur einer unter fünf Millionen Menschen ein Alter von mehr als 110 Jahren. Schätzungen zufolge beträgt der genetische Einfluss, ein Alter von über 80 Jahren zu erreichen, 20 bis 25 Prozent. Wenn es aber darum geht, mehr als 90 Jahre alt zu werden, spielen die Gene eine noch weitaus größere Rolle. Die Hälfte der Geschwister der männlichen Testperson dieser Studie wurde älter als 90 Jahre, die Hälfte davon lebte länger als 100 Jahre.

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Quelle: „Whole genome sequences of a male and female supercentenarian, ages greater than 114 years”, Paola Sebastiani et al.; Frontiers in Genetics, DOI: 10.3389/fgene.2011.00090


 

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