Dehnbares Kraftwerk im Armreif

„Unsere Generatoren sind so flexibel, dass sie in jedwede Form gebogen und gedehnt werden können“, sagt Yue Zhang von der Universität für Wissenschaft und Technik in Peking. Wichtigstes Bauteil der nun vorgestellten Prototypen war eine dünne Gummischicht, deren Oberfläche die Wissenschaftler mit filigranen Nanostrukturen ausstatteten. Aus diesem Gummi fertigten sie einen bis auf die dreifache Länge dehnbaren Schlauch. An den Enden verschlossen ließ er sich mit einer Kochsalzlösung füllen, die die Aufgabe einer Elektrode des Stromgenerators übernahm.
Den gefüllten Gummischlauch berührten Zhang und Kollegen nun periodisch mit Folien aus Nylon oder Plexiglas, die mit einer Aluminiumschicht bedeckt waren. Bei den Berührungen entwickelte sich – verursacht durch den triboelektrischen Effekt – eine elektrostatische Aufladung des Gummischlauchs. Über die flüssige Elektrode im Inneren des Schlauchs ließen sich kurze Spannungspulse von bis zu 67 Volt abgreifen. Die Stromdichte erreichte dabei Werte von knapp einem Milliampere pro Quadratmeter. Diese elektrischen Pulse reichten aus, um Dutzende von Leuchtdioden im Takt der Berührungen erstrahlen zu lassen.
Aus dem dehnbaren Gummimaterial fertigten die Forscher mehrere Prototypen für nutzbare Minikraftwerke. Ein flexibles Armband am Handgelenk etwa lieferte genug Strom für bis zu achtzig Leuchtdioden. Für diese Stromerzeugung musste es allerdings periodisch mit der zweiten Hand berührt werden, um die elektrostatischen Ladungen zu erzeugen. Aus dem Gummi entwickelten sie auch ein mit Flüssigkeit gefülltes Mousepad. Bewegten sie darauf eine Computermaus, entstand ebenfalls genug Strom für einige Dutzend Leuchtdioden.
Mit diesen Prototypen zeigten Zhang und Kollegen, dass elektrostatische Ladungen für die Erzeugung kleiner Strommengen genutzt werden können. Die triboelektrischen Minikraftwerke könnten in Zukunft Sensoren für Schadstoffmessungen im Freien oder zur Überwachung von Körperfunktionen mit Elektrizität versorgen. Gekoppelt mit einem Gleichrichter wäre es sogar möglich, mit den Spannungspulsen einen Akku aufzuladen. Doch dies würde bei der bisher erreichten Stromausbeute sehr lange dauern und kaum eine Alternative zu mobilen Solarmodulen bieten.
Auch Lucia Beccai und ihre Kollegen vom Center for Micro-BioRobotics in Pontedera bei Pisa entwickelten vor zwei Jahren erste triboelektrische Minikraftwerke. Die Forscherin lagerte einen sehr feinen Kupferdraht in viele Schleifen verdreht in eine flexible Kunststoffmasse auf Silikonbasis ein. Kleine Luftkammern gaben dem Draht genügend Bewegungsfreiheit, damit er sich an dem ungebenden Kunststoff reiben konnte. Beim Zusammenpressen entstanden elektrostatische Ladungen, die sich über Elektroden abgreifen ließen.
Dieses Schwamm-Kraftwerk mit einem Volumen von etwa vier Kubikzentimetern drückten die Forscher mehrmals hintereinander zusammen. Presste man den kleinen Block zehn Mal pro Sekunde zusammen, entstanden Strompulse mit Spannungen von knapp zwei Volt bei einer Leistung von etwa 1,4 Mikrowatt. Auch diese geringen Ströme reichten aus, um ein Sensoren oder Leuchtdioden zu betreiben.