Darmkeime können Fettleibigkeit fördern

Bei extrem Fettleibigen normalisiert sich nach einem Magenbypass auch die Darmflora wieder
Die Zahl der Darmmikroben ist größer als die der Zellen des menschlichen Körpers
Die Zahl der Darmmikroben ist größer als die der Zellen des menschlichen Körpers
© Mayo Clinic
Tempe (USA) - Nicht nur Essverhalten, körperliche Aktivität und genetische Merkmale entscheiden über unser Körpergewicht. Auch das Artenspektrum der Mikroben im Darm beeinflusst, wie effizient wir die Nahrung verwerten und wie viel Körperfett daraus entsteht. Das bestätigt eine amerikanische Studie, die die Zusammensetzung der Mikrobenpopulationen im Darm von extrem fettleibigen und normalgewichtigen Menschen vergleicht. Danach begünstigt eine starke Vermehrung Methan bildender Archaeen die Vergärung von Kohlenhydraten durch andere Darmkeime. So entstehen vermehrt Fettsäuren, die vom Körper aufgenommen und in Fett umgewandelt werden können. Nach einer Magenbypass-Operation bei Fettleibigen normalisiert sich auch ihre Darmflora, was zum Therapieerfolg beitragen könnte, schreiben die Forscher im Fachjournal "Proceedings of the National Academy of Sciences (PNAS)".

"Unser Ziel war es, Darmmikroben nachzuweisen, die eine wichtige Rolle bei der Entwicklung der Fettleibigkeit spielen könnten", schreiben die Wissenschaftler um Bruce Rittmann vom Biodesign Institute der Arizona State University in Tempe. Sie analysierten das gesamte Spektrum an Darmkeimen von jeweils drei fettleibigen und normalgewichtigen Personen. Hinzu kamen drei fettleibige Patienten, die durch eine Magenbypass-Operation behandelt worden waren. Dabei wird der Magen verkleinert und die Darmpassage etwas verkürzt. Die Identifizierung der Mikroben erfolgte durch typische DNA-Sequenzen, die die Forscher mit der Technik der 454-Pyrosequenzierung ermittelten.

Für die drei Fettleibigen ergaben sich ungewöhnlich hohe Keimzahlen für Wasserstoff freisetzende Bakterien aus der Familie der Prevotellaceae. Deren starke Vermehrung war offenbar gekoppelt mit einer ebenfalls erhöhten Zahl an Wasserstoff verbrauchenden, Methan bildenden Archaeen. Diese früher fälschlich als Archaebakterien bezeichneten Mikroben bilden eine eigene Domäne der Lebewesen neben den Bakterien und den übrigen Lebensformen. Beide Gruppen von Darmmikroben begünstigen sich gegenseitig im Wachstum. Dabei bilden die Prevotella-Arten als Gärungsprodukte auch kurzkettige Fettsäuren wie Propionsäure und Essigsäure, die vom Körper aufgenommen und zur Fettbildung genutzt werden. Bei den Magenbypass-Patienten hatte sich die Darmflora nach der Operation offenbar wieder normalisiert.

Die Forscher vermuten, dass die veränderte Zusammensetzung der Darmflora bei Fettleibigen zu einer höheren Energieausbeute bei der Verdauung führt, da auch normalerweise unverdauliche pflanzliche Kohlenhydraten verwertet werden. Die Hypothese müsste aber zunächst in Ernährungsstudien überprüft werden. Wirkstoffe, die speziell gegen die Archaeen gerichtet sind und damit gleichzeitig auch das Wachstum der Fettsäurebildner hemmen würden, könnten sich für neue Therapien zur Behandlung der Fettleibigkeit eignen.

Arizona State University / PNAS
Quelle: "Human gut microbiota in obesity and after gastric bypass", Husen Zhang et al.; Proceedings of the National Academy of Sciences (PNAS), Online-Publikation, www.pnas.org/cgi/doi/10.1073/pnas.0812600106


 

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