Chef sein ist stressiger als gedacht

Bei Pavianen zeigt sich - als Modell für die menschliche Gesellschaft - eine größere Gesundheitsbelastung für Führungspositionen
Das Leben an der Spitze ist auch für Paviane aufreibend und erfordert hin und wieder eine Pause - natürlich mit sicherem Überblick.
Das Leben an der Spitze ist auch für Paviane aufreibend und erfordert hin und wieder eine Pause - natürlich mit sicherem Überblick.
© Catherine Markham
Princeton (USA) - An der Spitze einer sozialen Hierarchie zu stehen ist aufreibender als bisher angenommen. Das zumindest legt eine Studie an wilden männlichen Pavianen nahe, welche US-Forscher jetzt im Wissenschaftsmagazin "Science" veröffentlichten. Gemessen an den gesammelten Daten ist es die größte Studie, die bisher je an Primaten durchgeführt wurde: Sowohl in ihrer Dauer als auch in der Anzahl beobachteter Tiere übertrifft sie laut Autoren alle bisherigen Erhebungen um das Fünf- bis Zehnfache.

"Eine wichtige Erkenntnis unserer Analyse ist, dass Top-Position in einigen Tier-Gesellschaften - und möglicherweise auch beim Menschen - nicht nur Vorteile haben, sondern auch Nachteile, die damit assoziiert sind", sagt Laurence Gesquiere, einer der Studien-Autoren und Evolutionsbiologe an der Princeton University. Unter anderem könne sich die soziale Dominanz auf die Gesundheit und das Wohlbefinden auswirken. In diesem Zusammenhang stellt Gesquiere den Vorteilen - etwa bei der Wahl der Geschlechtspartnerinnen - diverse Nachteile gegenüber. So müssten die Alpha-Tiere häufiger kämpfen oder ständig ihre Weibchen bewachen. Dies habe einen hohen Stress-Level zu Folge, da sie ständig Energie aufbringen müssten, um ihre soziale Position zu halten.

In ihrer Studie verglichen Gesquiere und seine Kollegen das Niveau an Stresshormonen von wild lebenden Pavianen an der höchsten Position, also der Alpha-Männchen, mit dem der Gruppe darunter (Beta-Männchen). Die Stresshormone hatten sie über einen Zeitraum von neun Jahren aus dem Kot der Tiere isoliert. Insgesamt umfasste die Untersuchung 125 erwachsene Männchen aus fünf unterschiedlichen Gruppen in Kenia lebender Paviane. Bereits zuvor hatten die Primatenforscher aus Princeton die Pavian-Gesellschaften drei Jahrzehnte lang beobachtet. Deshalb gehen sie davon aus, dass die Ergebnisse nicht von individuellen Eigenschaften und besonderen Erlebnissen einzelner Tiere verfälscht werden, sondern Langzeiteffekte des dominanten Rangs widerspiegeln.

Dass sich die Untersuchungsergebnisse durchaus auf den Menschen übertragen lassen, davon ist Gesquiere überzeugt: "Paviane sind nicht nur genetisch sehr nahe mit uns verwandt, sondern leben ebenfalls in hochkomplexen Gesellschaften." Seine Kollegin Jeanne Altmann bestätigt: "Paviane sind sehr wahrscheinlich gute Modelle, um die ideale Position in einer komplexen Gesellschaft unter verschiedenen Bedingungen zu identifizieren."

© Wissenschaft aktuell
Quelle: "Life at the Top: Rank and Stress in Wild Male Baboons", L. R. Gesquiere et al.;Science, Volume 333, Issue 6040, Seiten 357 ff.
doi: 10.1126/science.1207120


 

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