Buntbarsche nutzen Adoption als Überlebensstrategie

„Für eine Fischart, die so stark Fressfeinden ausgesetzt ist, muss es von großer Bedeutung sein, eine Strategie zu haben, die wenigstens einigen der Jungen einer Brut das Überleben sichert“, sagt Franziska Schädelin von der Veterinärmedizinischen Universität Wien. Zusammen mit Kollegen erforschte sie eine aus 118 Brutnestern bestehende Kolonie des Buntbarsches Neolamprologus caudopunctatus. Die Brutpartner dieser Fische umsorgen ihren Nachwuchs, der aus Eiern in Bruthöhlen am Seeboden schlüpft. Für DNA-Analysen sammelten die Biologen mehr als 350 Proben aus 32 Nestern. 59 Prozent der Nester enthielten Jungfische, die mit keinem der zugehörigen Elternfische verwandt waren. Diese adoptierten Jungfische stammten von Eltern, deren Bruthöhle weniger als einen Meter bis mehr als 40 Meter entfernt war.
Die Forscher schließen daraus, dass die Barsche Teile ihrer Brut im Mund zu mehr oder weniger weit entfernten Nestern transportieren. Je größer die Entfernung zwischen der Bruthöhle der biologischen Eltern und dem Nest der Adoptiveltern ist, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass ein Angriff von Räubern nicht beide Nester gleichzeitig trifft. Aber auch die Eltern, die Adoptivkinder aufnehmen, haben einen Vorteil: Erhöht sich die Gesamtzahl der Jungfische in ihrer Höhle durch zusätzliche fremde Fische, sinkt infolge des Verdünnungseffekts für den eigenen Nachwuchs das Risiko, einem Angriff von Räubern zum Opfer zu fallen. Dieser Nutzen ist offenbar größer als der Nachteil, sich auch um nicht-verwandte Jungfische kümmern zu müssen.