Blutplättchen fördern Wachstum von Eierstockkrebs

Gegen die Thrombozyten gerichtete Wirkstoffe könnten die Therapie verbessern
Die drei Arten von Blutzellen: Erythrozyt, Thrombozyt, Leukozyt (von links nach rechts) im Rasterelektronenmikroskop
Die drei Arten von Blutzellen: Erythrozyt, Thrombozyt, Leukozyt (von links nach rechts) im Rasterelektronenmikroskop
© U. S. National Cancer Institute at Frederick
Houston (USA) - Eierstocktumoren verstärken ihr Wachstum, indem sie die Produktion von Blutplättchen ankurbeln. Wie das geschieht, haben amerikanische Mediziner jetzt in Experimenten mit Mäusen und Untersuchungen an Patienten erforscht. Demnach setzen die Tumoren den Botenstoff Interleukin-6 frei, der ein Hormon in der Leber aktiviert, das wiederum die Zahl der sogenannten Thrombozyten im Blut ansteigen lässt. Diesen Zusammenhang bestätigte ein Medikament, das die Wirkung von Interleukin-6 blockiert: Es senkte den Blutspiegel an Thrombozyten, hemmte das Tumorwachstum und verlängerte die Lebensdauer von Mäusen, berichten die Forscher im „New England Journal of Medicine”. Auf welche Weise die Thrombozyten das Krebswachstum fördern, ist noch nicht geklärt.

„Vielleicht dienen die Blutplättchen als Treibstoffdepot für Tumoren, indem sie sie mit Wachstumsfaktoren versorgen“, sagt Anil Sood vom Krebszentrum der University of Texas in Houston, der Leiter des Forscherteams. Die aus den Thrombozyten freigesetzten Botenstoffe könnten beispielsweise das Wachstum von Blutgefäßen im Tumor verstärken, vermuten die Forscher. Sie konnten nicht nur nachweisen, was den schon lange bekannten Anstieg der Thrombozytenzahl bei Eierstockkrebs auslöst. Ihre Ergebnisse zeigen auch, dass dieser Anstieg den Krankheitsverlauf beschleunigt. Da Blutplättchen wesentlich an der Blutgerinnung beteiligt sind, erklären die Resultate zudem, warum Gerinnungshemmer den Erfolg einer Krebstherapie verbessern können.

Die Forscher stellten fest, dass bei einem Drittel der untersuchten Patientinnen mit Eierstockkrebs die Thrombozytenzahl sowie die Konzentrationen von Interleukin-6 und dem Hormon Thrombopoetin in ihrem Blut erhöht waren. Diese Frauen hatten eine deutlich kürzere Überlebenszeit als die anderen. Weitere Untersuchungen ergaben, dass die Tumorzellen Interleukin-6 produzieren und dadurch die Produktion des Hormons anregen, was die Bildung von Blutplättchen steigert. Indem diese wiederum das Krebswachstum beschleunigen, ergibt sich eine positive Rückkopplung.

In Versuchen mit Krebsmäusen hemmten die Forscher durch molekularbiologische Methoden die Produktion von Interleukin-6 oder Thrombopoetin. In beiden Fällen sank die Thrombozytenzahl. Die Behandlung mit dem Antikörper Siltuximab, der das Interleukin blockiert, bremste auch das Tumorwachstum. In Kombination mit einer Chemotherapie ergab sich dadurch ein Hemmeffekt von 90 Prozent. Diese Ergebnisse zeigen: Medikamente, die einen Anstieg der Thrombozytenzahl verhindern, könnten den Erfolg einer Chemotherapie von Eierstockkrebs verbessern. Auch einige andere Krebsarten, bei denen der Thrombozytenspiegel steigt, ließen sich möglicherweise durch diese Strategie effektiver behandeln.

© Wissenschaft aktuell
Quelle: „Paraneoplastic Thrombocytosis in Ovarian Cancer“, Rebecca L. Stone et al.; New England Journal of Medicine, Vol. 366, p. 610-618, 2012


 

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