Biologische Nanomaschinen strecken künstlichen Muskel
Noch ist der Prototyp dieses künstlichen Muskels, den Nicolas Giuseppone von der Universität Straßburg und Pariser Kollegen entwickelten, relativ klein und kann sich nur auf eine Länge von etwa zehn Mikrometer strecken. Verantwortlich dafür sind sogenannte Rotaxan-Moleküle, die sich allein nur wenige Nanometer bewegen können. Doch zu Tausenden angedockt an eine filigrane Kunststofffaser, streckten und stauchten sie diese kontrolliert um Bruchteile eines Millimeters. Als Antrieb war kein Stromanschluss nötig, es reichte aus, den Säuregrad (pH-Wert) einer Flüssigkeit um den Mikromuskel herum zu verändern. Dadurch wechselten Metall-Ionen in den Rotoxan-Molekülen ihre Positionen und ermöglichten, synchron alle Moleküle zwischen zwei verschiedenen Strukturen – gestaucht und gestreckt – zu schalten.
Mit einer Streckung von einigen Mikrometern geben sich Giuseppone und Kollegen aber noch nicht zufrieden. Ausgehend von der bereits erreichten tausendfachen Vergrößerung einer Streckbewegung von Nanometern auf Mikrometer wollen sie nun längere und dickere Muskelstränge entwickeln. Sie verfolgen das Ziel, mit den biologischen Nanomaschinen kräftige und haltbare Kunstmuskeln zu erhalten, die beispielsweise in der Robotik oder für medizinische Prothesen genutzt werden könnten.
Allein sind die Straßburger Forscher mit der Entwicklung künstlicher Muskeln jedoch nicht. Statt auf biologische Moleküle setzen beispielsweise texanische Wissenschaftler auf Nanoröhrchen aus Kohlenstoff. Zu Tausenden zu einer festen Faser verdrillt konnten sie eine schnelle Drehbewegung mit knapp 600 Rotationen pro Minuten erreichen. Angetrieben durch elektrostatische Kräfte war ihr Prototyp kräftig genug, um einen Rührer zu drehen, der etwa 2000 Mal schwerer war als die Faser selbst.