Bewegungsmangel keine Ursache für Fettleibigkeit
„Unsere Stoffwechselraten spiegeln wahrscheinlich eher unsere gemeinsame evolutionäre Vergangenheit wider als unsere unterschiedlichen modernen Lebensstile“, sagt Herman Pontzer vom Hunter College in New York, einer der leitenden Forscher der Arbeitsgruppe. Entgegen aller Erwartungen sprechen ihre Ergebnisse gegen einen einfachen Zusammenhang zwischen körperlicher Aktivität und Energieverbrauch. Die untersuchten Testpersonen aus dem tansanischen Volk der Hadza verbrauchten pro Tag eine ähnlich große Menge an Kilokalorien wie Menschen in Europa und den USA.
Für ihre Studie sammelten die Forscher zahlreiche Messdaten von 30 afrikanischen Männern und Frauen im Alter zwischen 18 und 75 Jahren, die noch ein weitgehend traditionelles Leben als Jäger und Sammler führten. So wurden über einen Zeitraum von elf Tagen der tägliche Gesamtenergieverbrauch, die pro Tag zurückgelegten Wegstrecken sowie der Kalorienverbrauch beim Gehen und ruhigen Sitzen registriert. Als Vergleich dienten neue oder aus anderen Studien bekannte Messwerte für Menschen aus westlichen Industriestaaten. Berücksichtigt wurden Einflussfaktoren wie Körpergewicht, Größe, Geschlecht, Alter und Körperfettmasse.
Die Hadza verhielten sich erwartungsgemäß in ihrem Alltag körperlich aktiver als die Menschen moderner Gesellschaften. Trotzdem war der tägliche Gesamtverbrauch an Kalorien in beiden Fällen sehr ähnlich. Der Energieverbrauch pro Tag korrespondierte bei den Jägern und Sammlern auch nicht mit der Länge der täglich zurückgelegten Wegstrecke. Die Wechselwirkungen zwischen Stoffwechsel, körperlicher Aktivität und Umwelt sind offenbar komplexer als gedacht, schreiben die Forscher. Sie schließen aus ihren Ergebnissen, dass die Hauptursache von Fettleibigkeit in den westlichen Ländern nicht in mangelnder körperlicher Aktivität und dem dadurch verursachten zu geringen Energieverbrauch liegen kann. Vielmehr müssten Menge und Art der Nahrung – beispielsweise Speisen mit hohem Kaloriengehalt sowie ein großer Anteil an stark verarbeiteten Lebensmitteln – dabei die entscheidende Rolle spielen. Allerdings, betonen die Autoren, sei eine ausreichende körperliche Betätigung aus anderen Gründen erwiesenermaßen wichtig für die Gesundheit und könne auch Programme zur Vermeidung von Übergewicht unterstützen.