Bewegungsmangel keine Ursache für Fettleibigkeit

Schlanke Menschen eines Jäger-Sammler-Volkes verbrennen im Alltag ähnlich viele Kalorien wie Europäer – Ernährung ist relevanter
Männer aus dem Volk der Hadza beim Bogenschießen
Männer aus dem Volk der Hadza beim Bogenschießen
© Idobi / Creative Commons BY-SA 3.0 (http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/deed.de)
New York (USA) - Der Lebensstil des modernen Menschen unterscheidet sich in vielfacher Hinsicht von seiner ursprünglichen Lebensweise als Jäger und Sammler. Aber im täglichen Energieverbrauch des Körpers lässt sich erstaunlicherweise kein Unterschied nachweisen, berichten amerikanische Forscher. Sie führten erstmals exakte Messungen des Kalorienverbrauchs von Menschen einer Jäger-und-Sammler-Kultur durch. Der Vergleich mit entsprechenden Daten europäischer und US-amerikanischer Menschen widerspricht einer gängigen Hypothese. Diese besagt, dass Bewegungsmangel den Energieverbrauch des Körpers verringert und so zu Fettleibigkeit führt. Nach den neuen Ergebnissen ist dagegen die Nahrungszufuhr von größerer Bedeutung, schreiben die Wissenschaftler im Online-Journal „PLoS One“.

„Unsere Stoffwechselraten spiegeln wahrscheinlich eher unsere gemeinsame evolutionäre Vergangenheit wider als unsere unterschiedlichen modernen Lebensstile“, sagt Herman Pontzer vom Hunter College in New York, einer der leitenden Forscher der Arbeitsgruppe. Entgegen aller Erwartungen sprechen ihre Ergebnisse gegen einen einfachen Zusammenhang zwischen körperlicher Aktivität und Energieverbrauch. Die untersuchten Testpersonen aus dem tansanischen Volk der Hadza verbrauchten pro Tag eine ähnlich große Menge an Kilokalorien wie Menschen in Europa und den USA.

Für ihre Studie sammelten die Forscher zahlreiche Messdaten von 30 afrikanischen Männern und Frauen im Alter zwischen 18 und 75 Jahren, die noch ein weitgehend traditionelles Leben als Jäger und Sammler führten. So wurden über einen Zeitraum von elf Tagen der tägliche Gesamtenergieverbrauch, die pro Tag zurückgelegten Wegstrecken sowie der Kalorienverbrauch beim Gehen und ruhigen Sitzen registriert. Als Vergleich dienten neue oder aus anderen Studien bekannte Messwerte für Menschen aus westlichen Industriestaaten. Berücksichtigt wurden Einflussfaktoren wie Körpergewicht, Größe, Geschlecht, Alter und Körperfettmasse.

Die Hadza verhielten sich erwartungsgemäß in ihrem Alltag körperlich aktiver als die Menschen moderner Gesellschaften. Trotzdem war der tägliche Gesamtverbrauch an Kalorien in beiden Fällen sehr ähnlich. Der Energieverbrauch pro Tag korrespondierte bei den Jägern und Sammlern auch nicht mit der Länge der täglich zurückgelegten Wegstrecke. Die Wechselwirkungen zwischen Stoffwechsel, körperlicher Aktivität und Umwelt sind offenbar komplexer als gedacht, schreiben die Forscher. Sie schließen aus ihren Ergebnissen, dass die Hauptursache von Fettleibigkeit in den westlichen Ländern nicht in mangelnder körperlicher Aktivität und dem dadurch verursachten zu geringen Energieverbrauch liegen kann. Vielmehr müssten Menge und Art der Nahrung – beispielsweise Speisen mit hohem Kaloriengehalt sowie ein großer Anteil an stark verarbeiteten Lebensmitteln – dabei die entscheidende Rolle spielen. Allerdings, betonen die Autoren, sei eine ausreichende körperliche Betätigung aus anderen Gründen erwiesenermaßen wichtig für die Gesundheit und könne auch Programme zur Vermeidung von Übergewicht unterstützen.

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Quelle: „Hunter-Gatherer Energetics and Human Obesity“, Herman Pontzer et al.; PLoS ONE, DOI: 10.1371/journal.pone.0040503


 

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