Bestätigt: Esstempo beeinflusst Kalorienaufnahme und Hungergefühl

Vor allem Normalgewichtige scheinen bei langsamem Essen weniger Kalorien zu sich zu nehmen – bei Übergewichtigen ist der Effekt dagegen wenig ausgeprägt
Fort Worth (USA) - Langsames und bewusstes Essen reduziert tatsächlich effektiver das Hungergefühl als hastiges Verschlingen der Speisen. Diese lange gehegte Vermutung konnten US-Forscher mit einer Studie bestätigen, in der sie das Essverhalten von normal- und übergewichtigen Probanden miteinander verglichen und zwar jeweils bei schneller und langsamer Nahrungsaufnahme. Es fiel ihnen zudem auf: Das bedächtige Essen kann gleichzeitig in der Tat auch die Kalorienaufnahme verringern – aber womöglich in erster Linie bei Normalgewichtigen. Bei übergewichtigen Menschen ist dieser Effekt dagegen nicht so stark ausgeprägt, berichten sie im „Journal of the Academy of Nutrition and Dietetics“. Sie schließen allerdings nicht aus, dass schlicht die Umstände während des Versuchs das Essverhalten übergewichtiger Probanden und damit diesen Bereich der Ergebnisse beeinflusst haben.

„Es ist möglich, dass die übergewichtigen und fettleibigen Pobanden befangener waren und darum während der Studie weniger gegessen haben“, erläutert Meena Shah vom Department of Kinesiology an der Texas Christian University. Shah und ihre Kollegen hatten mögliche Effekte der Essgeschwindigkeit auf die Nahrungsaufnahme bei 35 Normalgewichtigen sowie bei 35 Übergewichtigen beziehungsweise Fettleibigen untersucht. An zwei Tagen bekamen die Probanden dieselbe Mahlzeit vorgesetzt und durften nach Belieben essen. Allein das Esstempo unterschied sich an den beiden Versuchstagen: Einmal mussten die Testpersonen langsam essen. Währenddessen sollten sie sich vorstellen, dass sie keinerlei Zeitbeschränkung haben, kleine Bissen nehmen, gut kauen und Pausen zwischen den einzelnen Bissen machen, an denen sie das Besteck zur Seite legten. Am anderen Tag mussten sie dagegen schnell essen, mit der Vorstellung, ein Zeitlimit für die Mahlzeit zu haben. Dabei sollten sie große Bissen nehmen, schnell kauen und keine Pausen machen. Außerdem befragten die Forscher die Teilnehmer nach ihrem Hungergefühl und beobachteten, wie viel Wasser sie während der Mahlzeit tranken.

Das Esstempo beeinflusste die Kalorienaufnahme der Normalgewichtigen merklich. „Die Essgeschwindigkeit zu verlangsamen, führte zu einer wesentlichen Verringerung der Energieaufnahme in der Gruppe der Normalgewichtigen, aber nicht bei den Übergewichtigen oder Fettleibigen“, so Shah. Dass bei übergewichtigen und fettleibigen Testpersonen die statistische Signifikanz fehlte, könne zumindest zum Teil auf die Tatsache zurückzuführen sein, dass diese unter beiden Umständen – sowohl beim langsamen als auch beim schnellen Essen – verglichen mit den Normalgewichtigen weniger zu sich genommen hatten. Normalgewichtige nahmen im Schnitt bei langsamem Essen 88 kcal und damit zehn Prozent weniger zu sich als beim schnellen Essen. Bei den Übergewichtigen belief sich dieser Effekt auf lediglich 58 kcal, was acht Prozent entspricht. Die Auswirkung war damit deutlich geringer und nicht statistisch signifikant, schreiben die Forscher.

Sie fanden aber auch eindeutige Gemeinsamkeiten zwischen beiden Gruppen. So tranken alle Teilnehmer mehr während der langsamen Mahlzeit. Die höhere Wasseraufnahme während des langsamen Essens könnte laut Shah den Magen gedehnt und damit auch die Nahrungsaufnahme beeinflusst haben. Außerdem berichteten die Teilnehmer beider Gruppen eine Stunde nach der Mahlzeit, dass sie nach dem langsamen Essen weniger hungrig waren als nach dem schnellen. „Das Esstempo zu verlangsamen“, schließt Shah, „könnte helfen, die Kalorienaufnahme und das Ausmaß des Hungers zu verringern und sogar den Genuss einer Mahlzeit erhöhen.“

Bereits frühere Studien hatten belegt, dass das Esstempo beeinflusst, wie viel man isst. Vor einigen Jahren beispielsweise zeigten griechische Mediziner physiologische Zusammenhänge zu diesem Phänomen auf: Schnelles Essen vermindert die Freisetzung bestimmter Hormone im Verdauungstrakt, die für ein Sättigungsgefühl sorgen. Dadurch ist man bei hastigem Schlingen nicht so schnell satt und isst mehr als notwendig. Bei siebzehn freiwilligen Männern hatten die Mediziner die Wirkung von 300 Millilitern Eiscreme auf die Freisetzung bestimmter Verdauungshormone getestet. In einer Sitzung sollten die Probanden die Testmahlzeit in Ruhe über dreißig Minuten hinweg genießen. In der anderen Sitzung sollten sie die 300 Milliliter Eis innerhalb von fünf Minuten bewältigen. Die freigesetzte Menge der Hormone stellten die Mediziner mit Hilfe von Blutproben fest. Wenn sich die Teilnehmer Zeit lassen durften, waren die Konzentrationen von zwei bestimmten Peptidhormonen deutlich höher. Diese Botenstoffe signalisieren dem Gehirn ein Sättigungsgefühl, was sich auch darin äußerte, dass die Männer bei diesem Teilversuch eher das Gefühl hatten, satt zu sein. Sehr schnell zu essen äußerte sich dagegen in einer deutlich schwächeren Hormonantwort.

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