Beinahetreffer stacheln Spielsüchtige an

Problemspieler - so zeigen Experimente - werden durch Spielresultate, die als ein "Knapp daneben" gedeutet werden können, eher ermutigt als frustriert
Zwei gleiche Bilder müssen nebeneinander im Spielautomatenfenster auftauchen, nur dann gibt's Geld. Problemspieler werden auch dann nicht entmutigt, wenn es nur fast klappt, obwohl es dann kein Geld gibt.
Zwei gleiche Bilder müssen nebeneinander im Spielautomatenfenster auftauchen, nur dann gibt's Geld. Problemspieler werden auch dann nicht entmutigt, wenn es nur fast klappt, obwohl es dann kein Geld gibt.
© Luke Clark und Henry Chase
Nottingham (Großbritannien)/Cambridge (Großbritannien) - "Knapp daneben ist auch vorbei", sagt sich der Gelegenheitsspieler und wendet sich anderen Dingen zu. Nicht so der Problemspieler: Ihn stachelt ein Beinahetreffer richtig an. Dies fanden britische Forscher in Experimenten mit Probanden heraus, die an einem den typischen Spielautomaten nachempfundenen Computerspiel spielten, während die Forscher ihre Gehirnaktivität beobachteten. Bei einem Beinahetreffer noch intensiver weiterzuspielen, ist möglicherweise der Hauptunterschied zwischen einem Gelegenheitsspieler und einem suchtgefährdeten Spieler, legen die Forscher im "Journal of Neuroscience" dar.

Zwanzig Spieler - vom Gelegenheitslottospieler bis zum Problemspieler - fanden sich zum Experiment von Luke Clark und Henry Chase von den Universitäten Cambridge und Nottingham ein. Die Probanden sahen am Bildschirm zwei senkrecht laufende Streifen mit Bildern, die auf beiden Streifen die gleichen Bildsymbole enthielten. Beide Bilderstreifen liefen voneinander getrennt durch ein Sichtfenster. Wenn beim Stopp des Spiels zwei gleiche Bilder im Sichtfenster auftauchten, gab es für den Spieler einen kleinen Gewinn von 75 Cent. Interessant für die Forscher war nun, was im Gehirn der Versuchspersonen passierte, wenn eines der beiden gleichen Bilder unterhalb oder oberhalb des Fensters - also "fast drin" - war. Bei den Versuchspersonen, die in ihrer Freizeit exzessiv spielten, zeigte sich eine Aktivität im Belohnungszentrum ihres Gehirns, obwohl sie faktisch nichts gewonnen hatten.

"Diese Ergebnisse sind äußerst spannend, denn sie legen den Verdacht nahe, dass Beinahetreffer bei den Spielern mit einer Suchtproblematik eine Dopamin-Ausschüttung hervorrufen, obwohl faktisch keine Belohnung erfolgt", erklärt Clark. "Falls diese Dopamin-Ausschüttungen das Suchtverhalten steuern, dann könnte dies erklären, warum es für Problem-Spieler so schwierig ist, aufzuhören." Die Ergebnisse passen auch mit früheren Forschungsergebnissen zusammen, denenzufolge besonders Spielautomatenspieler von der irrigen Annahme geleitet werden, dass mit Übung und Erfahrung der Spielautomat dazu gebracht werden könne, im richtigen Moment zu stoppen und Gewinne auszuschütten. Ein Beinahetreffer suggeriert dem Problemspieler dann vermutlich, dass er nur noch ein bisschen mehr Übung brauche, bevor das große Geld aus dem Automaten komme.

© Wissenschaft aktuell
Quelle: Luke Clark, Henry Chase; Journal of Neuroscience, 05.05.10, im Druck


 

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