Bei Ratten wirksam: Asthmamittel verbessert Hirnfunktionen im Alter
„Unsere Ausgangsidee war, dass molekulare Mechanismen, die in den Lungen von Asthmapatienten ablaufen, auch für das alternde und degenerierte Gehirn von Bedeutung sein könnten“, sagt Ludwig Aigner von der Paracelsus Universität in Salzburg. „Wenn wir diese Mechanismen blockieren, könnten wir vielleicht die Hirnalterung stoppen oder sogar das gealterte Gehirn wieder verjüngen.” Im Alter lassen die kognitiven Leistungen des Gehirns nach. Es werden weniger neue Neuronen gebildet und die Blut-Hirn-Schranke, die den Übergang von Stoffen aus dem Blut in das Gehirn kontrolliert, wird durchlässiger. Zudem werden die Mikrogliazellen – die Immunzellen des Gehirns – übermäßig aktiviert, so dass sie vermehrt Leukotriene freisetzen. Diese Botenstoffe verstärken Entzündungsreaktionen.
Zu einem Anstieg der Leukotrienproduktion kommt es auch in den Lungen von Asthmapatienten, was einige Krankheitssymptome auslöst. Der Wirkstoff Montelukast (Handelsnamen: Singulair und Montelubronch) ist ein sogenannter Leukotrien-Rezeptor-Antagonist: Er blockiert die Bindung von Leukotrienen an Andockstellen der Lungenzellen und wirkt damit entzündungshemmend. Aigner und seine Kollegen untersuchten nun im Tierversuch, ob eine Behandlung mit dem Medikament auch Entzündungsreaktionen im alternden Gehirn hemmen und so kognitive Hirnleistungen verbessern kann. Dazu verabreichten sie 4 Monate alten und 20 Monate alten Ratten das Asthmamittel sechs Wochen lang mit der Nahrung. Vorher und nachher prüften die Mediziner Gedächtnis- und Lernleistung in einem standardisierten Labyrinthtest. Erwartungsgemäß schnitten dabei die jüngeren Tiere bei den Anfangsmessungen deutlich besser ab. Doch dieser Unterschied war nach sechs Wochen verschwunden: Die alten Ratten hatten ihre Leistung gesteigert, während die Ergebnisse der jungen unverändert geblieben waren.
Weitere Untersuchungen ergaben, dass die Behandlung mit Montelukast nicht nur die Aktivierung von Mikrogliazellen verringert, sondern auch die Bildung neuer Hirnzellen im Hippocampus der alten Ratten angeregt hatte. Aus früheren Experimenten war zudem bekannt, dass der Wirkstoff auch die Barrierefunktion der Blut-Hirn-Schranke verstärkt und so den Schutz des Gehirns vor schädlichen Stoffen verbessert. Der positive Effekt auf die Hirnleistung könnte daher auf dreifachem Wege zustandegekommen sein: durch gedämpfte Entzündungsreaktionen, durch verstärkte Neubildung von Neuronen sowie durch eine Stabilisierung der Blut-Hirn-Schranke. „Das Auftreten von Entzündungen in peripheren Körperteilen schwächt die Fähigkeit des Gehirns, sich selbst zu regenerieren, und trägt zu seiner Schädigung bei“, sagt Aigner. Nun sollen Studien prüfen, ob das Medikament die Hirnleistung alter Menschen verbessert. Dann wäre es denkbar, damit sowohl die natürliche Alterung des Gehirns aufzuhalten als auch eine Demenz und andere degenerative Hirnerkrankungen zu behandeln.
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