Bauchspeicheldrüsenkrebs: Freie Bahn für die Chemotherapie
„Das ist der Hauptgrund, warum Bauchspeicheldrüsenkrebs so resistent gegen alles ist, was wir bisher eingesetzt haben: Keines der Medikamente gelangt in das Innere des Tumors“, sagt Sunil Hingorani vom Fred Hutchinson Cancer Research Center in Seattle, der Leiter des Forscherteams. Bei dieser Krebsform bildet der Tumor eine Art Bindegewebe mit einer ungewöhnlich stark ausgeprägten extrazellulären Matrix, einer gelartigen Substanz zwischen den Zellen. Diese Substanz besteht zum großen Teil aus Hyaluronsäure, einem aus langen Ketten zweier Zuckermoleküle aufgebauten Polysaccharid. Die Matrix verstärkt die Ansammlung von Flüssigkeit, die den Druck im Tumorgewebe erhöht. Dadurch kollabieren die Blutgefäße, so dass in das Blut verabreichte Medikamente nicht mehr in den Tumor eindringen und die Krebszellen abtöten können.
In erster Linie seien es also rein physikalische Ursachen, die die geringe Effizienz einer Chemotherapie erklären, so die Forscher. Die Behandlung mit einem Enzym, das Hyaluronsäure abbaut, senkte den erhöhten Tumordruck und verbesserte die Funktion der winzigen Blutgefäße. Bei einer Therapie mit dem Krebsmittel Gemcitabin verlängerte der zusätzliche Einsatz des Enzyms die Lebensdauer der Tiere von 55 auf 92 Tage. Das sei der höchste Anstieg der Überlebensdauer, der jemals in vorklinischen Studien erzielt werden konnte, sagt Hingorani. Inzwischen sind erste klinische Studien mit Patienten angelaufen.
Die Untersuchungen der Forscher waren nur möglich, weil sie zuvor eine spezielle Art genetisch veränderter Mäuse erzeugt hatten. Diese Tiere entwickelten Bauchspeicheldrüsentumoren, deren Struktur menschlichen Tumoren ähnelte. Werden dagegen, wie meist üblich, Krebszellen oder Tumoren in Mäuse transplantiert, entstehen andersartige Krebsgewebe, die leichter durch Krebsmittel zu behandeln sind. Bauchspeicheldrüsenkrebs ist eine der tödlichsten Krebsarten. Die 5-Jahres-Überlebensrate der häufigsten Form, des duktalen Adenokarzinoms, ist geringer als fünf Prozent. Die mittlere Überlebensdauer beträgt 4-6 Monate.