Bauchspeicheldrüsenkrebs: Freie Bahn für die Chemotherapie

Vorbehandlung mit Enzymen verbessert Durchblutung des Tumors und erhöht dadurch die Wirksamkeit von Krebsmitteln
Computertomographische Aufnahme eines zystischen Adenokarzinoms (rot markiert) der Bauchspeicheldrüse
Computertomographische Aufnahme eines zystischen Adenokarzinoms (rot markiert) der Bauchspeicheldrüse
© MBq (gemeinfrei)
Seattle (USA) - Eine Chemotherapie ist bei Bauchspeicheldrüsenkrebs nur wenig effektiv, da das Krebsmittel nicht in ausreichendem Maß in den Tumor eindringen kann. Die Ursache dafür haben amerikanische Mediziner jetzt in Experimenten mit Mäusen aufgeklärt. Sie konnten zeigen, wie sich der Tumor beim Wachstum verändert, so dass sich im Innern des Gewebes ein Druck aufbaut, der die Blutgefäße kollabieren lässt. Die schlechte Durchblutung verhindert, dass Medikamente die Krebszellen tatsächlich erreichen. Die Injektion eines Enzyms, das die für den erhöhten Druck verantwortliche Substanz zwischen den Zellen abbaute, normalisierte die Blutgefäße wieder. Diese Zusatzbehandlung verstärkte die Wirksamkeit eines Krebsmittels und verdoppelte fast die Lebensdauer der Mäuse, berichten die Forscher im Fachblatt „Cancer Cell”.

„Das ist der Hauptgrund, warum Bauchspeicheldrüsenkrebs so resistent gegen alles ist, was wir bisher eingesetzt haben: Keines der Medikamente gelangt in das Innere des Tumors“, sagt Sunil Hingorani vom Fred Hutchinson Cancer Research Center in Seattle, der Leiter des Forscherteams. Bei dieser Krebsform bildet der Tumor eine Art Bindegewebe mit einer ungewöhnlich stark ausgeprägten extrazellulären Matrix, einer gelartigen Substanz zwischen den Zellen. Diese Substanz besteht zum großen Teil aus Hyaluronsäure, einem aus langen Ketten zweier Zuckermoleküle aufgebauten Polysaccharid. Die Matrix verstärkt die Ansammlung von Flüssigkeit, die den Druck im Tumorgewebe erhöht. Dadurch kollabieren die Blutgefäße, so dass in das Blut verabreichte Medikamente nicht mehr in den Tumor eindringen und die Krebszellen abtöten können.

In erster Linie seien es also rein physikalische Ursachen, die die geringe Effizienz einer Chemotherapie erklären, so die Forscher. Die Behandlung mit einem Enzym, das Hyaluronsäure abbaut, senkte den erhöhten Tumordruck und verbesserte die Funktion der winzigen Blutgefäße. Bei einer Therapie mit dem Krebsmittel Gemcitabin verlängerte der zusätzliche Einsatz des Enzyms die Lebensdauer der Tiere von 55 auf 92 Tage. Das sei der höchste Anstieg der Überlebensdauer, der jemals in vorklinischen Studien erzielt werden konnte, sagt Hingorani. Inzwischen sind erste klinische Studien mit Patienten angelaufen.

Die Untersuchungen der Forscher waren nur möglich, weil sie zuvor eine spezielle Art genetisch veränderter Mäuse erzeugt hatten. Diese Tiere entwickelten Bauchspeicheldrüsentumoren, deren Struktur menschlichen Tumoren ähnelte. Werden dagegen, wie meist üblich, Krebszellen oder Tumoren in Mäuse transplantiert, entstehen andersartige Krebsgewebe, die leichter durch Krebsmittel zu behandeln sind. Bauchspeicheldrüsenkrebs ist eine der tödlichsten Krebsarten. Die 5-Jahres-Überlebensrate der häufigsten Form, des duktalen Adenokarzinoms, ist geringer als fünf Prozent. Die mittlere Überlebensdauer beträgt 4-6 Monate.

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Quelle: „Enzymatic targeting of the stroma ablates physical barriers to treatment of pancreatic ductal adenocarcinoma”, Paolo P. Provenzano et al.; Cancer Cell, DOI: 10.1016/j.ccr.2012.01.007


 

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