Bauchspeicheldrüsenkrebs: Bakterien bringen Strahlung zum Tumor
„Nach weiteren Verbesserungen hat unsere Strategie das Potenzial, eine neue Ära bei der Behandlung von metastasierendem Bauchspeicheldrüsenkrebs zu eröffnen“, sagt Claudia Gravekamp vom Albert Einstein College of Medicine in New York. Ihr Forscherteam arbeitete mit einer abgeschwächten Form von Listeria monocytogenes-Bakterien, einem Erreger von Lebensmittelinfektionen. Dieser Stamm kann gesundes Gewebe mit intakter Immunabwehr nicht mehr befallen. Im Krebsgewebe aber ist die Immunabwehr geschwächt, so dass die Mikroben Krebszellen infizieren und abtöten können. Diese Wirkung verstärkten die Forscher, indem sie die Listerien mit dem radioaktiven Isotop Rhenium-188 ausstatteten. Dazu wurden Antikörper mit dem Isotop markiert, die sich dann fest an die Bakterien anlagerten. Die so vorbehandelten Mikroben dienten als Quelle für radioaktive Strahlung in Form von Beta-Partikeln, welche schnell wachsende Krebszellen zerstören kann.
„Wir wählten das Rhenium-Isotop auch deshalb, weil es eine Halbwertszeit von nur 17 Stunden hat. Die Strahlung im Körper klingt also relativ schnell ab, so dass gesundes Gewebe nur minimal geschädigt wird“, sagt Ekaterina Dadachova, eine der leitenden Mitglieder der Arbeitsgruppe. Die Listerien selbst, die als Überträger der Radioisotope dienten, wurden durch die Strahlung kaum geschädigt und konnten sich in den Krebszellen vermehren. Für ihre Experimente behandelten die Forscher Krebsmäuse, deren Primärtumor bereits Metastasen gebildet hatte. Eine Woche lang erhielten die Tiere täglich eine Injektion radioaktiver Listerien. Nach einer Pause von sieben Tagen erfolgten noch vier weitere tägliche Injektionen. Drei Wochen nach Therapiebeginn war die Zahl der Metastasen im Vergleich zu unbehandelten Mäusen um 90 Prozent gesunken. Die Größe des Primärtumors hatte sich um 64 Prozent verringert.
Während der Behandlung waren die Listerien überwiegend in den Metastasen nachweisbar, in geringerer Menge auch im Primärtumor, in gesunden Geweben dagegen nicht. Die zelltötende Wirkung war in den Metastasen deshalb am stärksten, weil sich deren Zellen besonders schnell teilen, was die Strahlung umso wirksamer macht. Eine Woche nach Abschluss der Behandlung waren im Körper der Mäuse weder radioaktive Reststrahlung noch Listerien nachzuweisen. Alle Bestandteile der Bakterien waren über Leber und Niere ausgeschieden worden. Das weitere Ziel der Forscher ist es, die Effektivität der Methode noch zu steigern, damit sämtliche Metastasen beseitigt werden können. Nur so lässt sich ein späteres erneutes Krebswachstum verhindern. Da bisher keine schweren Nebenwirkungen aufgetreten sind, könnte die Dosis an Radioaktivität noch erhöht werden. Außerdem sollen die Listerien zusätzlich Krebsmedikamente in die Krebszellen transportieren.
Bauchspeicheldrüsenkrebs ist eine der tödlichsten Krebsformen. Das liegt daran, dass der Tumor meist erst dann erkannt wird, wenn sich bereits Metastasen gebildet haben. Fünf Jahre nach der Diagnose leben nur noch vier Prozent der Patienten.