Babys finden Regeln im Silben-Wirrwarr

„Spannend ist zudem, dass wir eine so enge Abhängigkeit zwischen der Verarbeitung von Tonhöhenunterschieden und Sprachlernprozessen zeigen konnten“, sagt Erstautorin Jutta Mueller. Die Forscherinnen hatten mehr als 100 Babys beziehungsweise deren Eltern für ihre Untersuchung gewinnen, aber nicht von allen auch Daten sammeln können. Manche der Kinder verschliefen zu große Teile des Versuchs, andere weinten, weshalb das Experiment dann abgebrochen wurde. Letztlich konnten sie per Elektroenzephalogramm (EEG) die Hirnmuster von 65 der kleinen Probanden messen, während diese bestimmten Silbensequenzen lauschten. In jenen Sequenzen gehörten jeweils zwei Silben zusammen, die durch eine dritte Silbe voneinander getrennt wurden. „Solche Abhängigkeiten zwischen nicht benachbarten Silben bilden einen der Grundbausteine menschlicher Sprache und finden sich bei vielen grammatikalischen Regeln“, erläutert Mueller. Dies ist zum Beispiel bei der Konjugation von Verben der Fall – etwa: „ich geh-e“, „du geh-st“.
Manche der Silben waren in einer höheren Tonlage gesprochen. Außerdem war in den Sprachstrom ab und an eine Silbe an der falschen Stelle eingebunden, was gegen das übliche Muster verstieß. „Die Gehirnreaktion der Kinder zeigte uns, dass sie diese Verletzungen erkannten, also die Regel automatisch extrahiert hatten“, erklärt Mueller. Dazu – das zeigten die Hirnströme ebenfalls – waren allerdings nur diejenigen Babys in der Lage, die auf die Tonhöhenunterschiede bereits mit einer sogenannten reifen Hirnreaktion reagierten.
Erwachsene stellten sich in dem Versuch weit weniger geschickt an, stellten die Forscherinnen fest. Wenn diesen das scheinbar sinnfreie Silben-Wirrwarr auf dieselbe Weise präsentiert wurde wie den Babys, fanden sie die Regel schlicht nicht. Erst mit der Aufgabenstellung, Regeln in dem Gehörten zu finden, konnten immerhin manche ein Muster entdecken – aber nicht alle. Auch hier war der Fall, dass das Hirn derjenigen, die eine Regel erkannten, stärker auf die Abweichungen in der Tonhöhe reagierte als das Gehirn derer, die keine Regel fanden.