Auch Vögel riechen die Angst

Bedrohte Nestlinge von Blauracken erbrechen eine Flüssigkeit, deren Geruch die Eltern warnt
Blick in einen Nistkasten mit Blauracken
Blick in einen Nistkasten mit Blauracken
© Nadia Silva
Almeria (Spanien) - Fütternde Vogeleltern verhalten sich vorsichtiger, wenn ihr Nest von Räubern bedroht wird. Dabei erkennen Blauracken am Geruch, ob die Brut während ihrer Abwesenheit einem Angriff ausgesetzt war, berichten jetzt spanische Biologen. Die Nestlinge reagieren nämlich auf eine Bedrohung, indem sie eine orange Flüssigkeit erbrechen. Deren Geruch bewirkt, dass sich die Eltern dem Nest vorsichtiger nähern und die Küken weniger füttern. Viele Tierarten – vom Insekt bis zum Säugetier – setzen bei Angst chemische Verbindungen frei, auf die die Artgenossen reagieren. Erstmals wurde nun auch bei Vögeln eine Verhaltensänderung aufgrund eines solchen Signals beobachtet, berichten die Forscher im Fachblatt „Biology Letters“.

Die Blauracken-Eltern riechen die Flüssigkeit, die ihre Küken erbrechen, so dass sie ihr Verhalten ändern können und nicht zur Beute von Räubern werden, schreiben Deseada Parejo und Kollegen von der Estación Experimental de Zonas Áridas in Almeria. Das sei ein weiterer Beweis dafür, dass Vögel sehr wohl über einen ausgeprägten, für wichtige Aufgaben notwendigen Geruchssinn verfügen. Falls der Geruch des Erbrochenen zusätzlich noch Räuber abschreckt, so die Autoren, würde das nicht nur dem Überleben der Eltern, sondern auch dem Schutz des Nestes dienen.

Für ihre Experimente wählten die Biologen Nistkästen mit Nestern von Blauracken (Coracias garrulus) aus, deren jeweils ältester Nestling zehn Tage alt war. Die innere Umrandung der Öffnung markierten sie entweder mit erbrochener Flüssigkeit von Jungvögeln oder mit Zitronenessenz. Offenbar nahmen die Eltern in beiden Fällen den fremden Geruch bereits aus einiger Entfernung wahr. Wenn sie das Erbrochene rochen, dauerte es deutlich länger, bis sie das erste Mal wieder in den Nistkasten flogen. Außerdem besuchten sie die Küken seltener, um sie zu füttern. Welcher Bestandteil der erbrochenen Flüssigkeit das Geruchssignal darstellt und ob auch Räuber dadurch abgeschreckt werden, müssen weitere Untersuchungen zeigen.

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Quelle: „Rollers smell the fear of nestlings“, Deseada Parejo et al.; Biology Letters, DOI: 10.1098/rsbl.2012.0124


 

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