Auch Menschenaffen holt die Vergangenheit ein
„Ich war überrascht, nicht nur herauszufinden, dass sie sich an ein Ereignis erinnerten, das vor drei Jahren stattgefunden hatte“, erzählt Gema Martin-Ordas von der Universität Aarhus, „sondern auch, wie schnell sie das taten.“ In zwei Verhaltensversuchen hatte Martin-Ordas gemeinsam mit zwei Kollegen bei Schimpansen und Orang-Utans untersucht, ob diese sich an Ereignisse aus der Vergangenheit erinnern. Dazu konfrontierten die Forscher die Menschenaffen mit ganz speziellen Situationen, die diese in früheren Versuchen schon einmal erlebt hatten. Die eine stammte aus einem rund drei Jahren alten Experiment, das sie viermal gemacht hatten, die andere aus einem zwei Wochen alten, das sie lediglich einmal durchgeführt hatten. In beiden Anordnungen ging es darum, in Boxen versteckte Werkzeuge zu finden. In den beiden Wiederholungsversuchen hatten die Tiere genau einen Versuch, ihr Erinnerungsvermögen unter Beweis zu stellen.
Insgesamt gesehen war die Aufgabe äußerst komplex, da die Räumlichkeiten, in denen die Experimente stattfanden, auch regelmäßig für andere Versuchsanordnungen genutzt wurden. Die Menschenaffen mussten also genau diesen speziellen Versuchsaufbau wiedererkennen. Tatsächlich legten sie dabei Fähigkeiten an den Tag, die denen von Menschen ähneln, die sich in einer ganz bestimmten Situation ganz konkret an etwas Zurückliegendes erinnern. Sie wussten ganz genau, wo sie zu suchen hatten, und taten dies prompt. „Im Schnitt brauchten sie fünf Sekunden dazu, loszugehen und die Werkzeuge zu finden“, sagt Martin-Ordas. Dies zeige, dass die Menschenaffen nicht einfach nur ziellos durch den Raum gehen, dann plötzlich die Boxen sehen und anfangen, darin nach Werkzeugen zu suchen. Viel wahrscheinlicher sei es, dass sie sich die komplette Situation ins Gedächtnis rufen und dies ermöglichte es ihnen, die Werkzeuge direkt zu finden.
Die Ergebnisse legen nahe, dass auch Menschenaffen ein autobiographisches Gedächtnis besitzen und auch darauf zugreifen, wenn es die Situation erfordert. Sie leben also nicht allein im gegenwärtigen Moment erläutert Martin-Ordas: „Unsere Daten und weitere zunehmende Beweise stellen die Vorstellung in Frage, dass Tiere in der Zeit feststecken.“