Atlas der Waldbrände
Grundlage des neuen arktisch-borealen Feueratlas sind Satellitenaufnahmen im sichtbaren und infraroten Spektralbereich. Damit lassen sich sowohl Ursachen, Ausdehnung und Dauer von Waldbränden in halbtäglichen und damit relativ kurzen Zeitintervallen verfolgen. Zwischen 2012 und 2021 identifizierten die Forschenden um Rebecca C. Scholten von der University of California in Irvine insgesamt 26502 Waldbrände, die eine gigantische boreale Waldfläche von 1,12 Quadratkilometern zerstörten. Das entspricht etwa der dreifachen Fläche Deutschlands. Doch Waldbrand war nicht gleich Waldbrand. So ordneten die Forschenden die beobachteten Brände in sieben sogenannte Pyroregionen mit unterschiedlichen Ursachen, Verläufen und Ausdehnungen.
Höhere Temperaturen, Trockenheit und eine erhöhte Zahl an Blitzen – alles typische Folgen der Erderwärmung – wirkten sich vor allem auf die Wälder in Kanada, Ostsibirien und in nördlichen Tundra-Regionen Russlands aus. Hier kumulierten auch eine Zunahme an Bränden mit besonders ausgedehnten betroffenen Flächen. Die zahlenmäßig größte Dichte an Waldbränden machten die Forschenden rund um den Baikalsee im Süden Siberiens und in der zu Russland gehöherenden Republik Sacha, auch Jakutien genannt, aus. In dichter besiedelten Pyroregionen mit mehr Menschen kommt es zwar früher im Jahresverlauf sogar häufiger zu versehentlich oder absichtlich gelegten Waldbränden als weiter im Norden. Doch breiten sich die Brände in diesen Gebieten seltener auf riesige Flächen aus. Verantwortlich dafür sind eine stärkere Bewirtschaftung der Flächen, bei denen die Wälder gepflegt und Brandschneisen angelegt wurden. Zudem verhindern hier intensivere Löscheinsätze eine schnelle Ausdehnung der Waldbrände.
Ein weiterer Aspekt im Feueratlas findet sich in der Art der Wälder. In nördlichen Regionen vorwiegende Fichtenwälder zeigen so eine größere Gefahr für ausgedehnte Waldbrände als beispielsweise Wälder mit feuerseristenteren Lärchen, die im Nordosten des eurasischen Kontinents dominieren. Insgesamt legt diese Studie mit ihrer Klassifizierung verschiedener Pyroregionen eine Grundlage für die Vermeidung und Bekämpfung von Waldbränden. So könnte etwa das Anlegen von Waldschneisen auch in dünner besiedelten Regionen von Vorteil sein.
Auf die Waldbrandregionen in Europa und vor allem im Mittelmeerraum sind diese Ergebnisse allerdings nicht direkt übertragbar. Zwar steigt auch hier mit Trockenheit und längeren Hitzeperioden das Brandrisiko im Zuge des Klimawandels. Doch ist die Besiedelung deutlich dichter als in den arktisch-borealen Wäldern. Dennoch könnte die Methodik der Brandforschenden um Rebecca C. Scholten übertragen werden und ein vergleichbarer Feuerstlas mit anderen Pyroregionen erstellt werden.